Rainer Adelung erhält DGM-Preis 2023 der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde
Kieler Professor für Funktionale Nanomaterialien für die Entwicklung innovativer Materialkonzepte ausgezeichnet
Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde (DGM) hat Rainer Adelung, Professor für Funktionale Nanomaterialien an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), mit dem diesjährigen DGM-Preis ausgezeichnet. Damit ehrt die Fachgesellschaft exzellente Forschende, die beeindruckende Durchbrüche in ihrem Fachgebiet erzielt oder neue Forschungsfelder erschlossen haben. Adelung habe mit seiner Kreativität das Gebiet der funktionellen Nanomaterialien mit zahlreichen innovativen Materialentwicklungen in vielfacher Weise bereichert, hieß es in der Laudatio. Besonders hervorzuheben seien seine Beiträge zu ultraleichten Gerüstmaterialien auf der Basis von tetrapodalem Zinkoxid und deren Übertragung auf unterschiedlichste Materialklassen. Seine Arbeiten reichen von grundlegenden Forschungen bis hin zur Anwendung in industriellen Produkten. Verliehen wurde der Preis an den Kieler Materialwissenschaftler beim DGM-Tag in Frankfurt am 7. September.
Grundlagen erforschen und Neuartiges in die Anwendung bringen – das interessierte Rainer Adelung schon immer. Der promovierte Physiker, der in die Ingenieurwissenschaft wechselte, untersucht die Besonderheiten von Strukturen und Prozessen auf der Nanoskala. Mit den Erkenntnissen entwickelt er Materialien mit ungewöhnlichen Eigenschaften, die sich für verschiedene Anwendungen in den Bereichen Energie, Gesundheit oder Umwelt einsetzen lassen. So hat Adelung, seit 2007 Professor an der CAU, „intelligente Materialien“ entwickelt, die auf ihre Umwelt reagieren, Viren binden, Medikamente kontrolliert freisetzen, neuartige Sensoren oder Aktuatoren ermöglichen oder als umweltfreundliche Antifouling-Beschichtung in der Schifffahrt eingesetzt werden.
Zentraler Aspekt von Adelungs Forschung sind tetrapodale Zinkoxid-Netzwerke, die aufgrund ihrer besonderen Form auf Nanoebene einzigartige Eigenschaften besitzen. Die Entwicklung eines hochskalierbaren Herstellungsprozesses bietet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in Industrie und Medizin. Auf dieser Basis stellte Adelung 2012 mit „Aerographit“ das damals „leichteste Material der Welt“ vor. Da das ultraleichte Gerüstmaterial gleichzeitig ungewöhnlich stabil ist, ist es für verschiedene Anwendungen interessant.
Mit speziellen, elektrochemischen Ätzprozessen gelang es Adelung außerdem, Oberflächen im Nanomaßstab zu strukturieren und so die Eigenschaften von Materialien entscheidend zu verbessern. Siliziumanoden sollen dadurch deutlich mehr Energie speichern und in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen in leistungsstärkeren Akkus zur Marktreife gebracht werden. Ähnliche Prozesse liegen auch dem sogenannten „nanoscale sculpturing“-Verfahren zu Grunde. Die innovative Methode verbindet Metalle auf mechanische Weise miteinander und macht so herkömmliche Schweißverfahren überflüssig. Publikationen und öffentliche Präsentationen wie auf der Hannover Messe stießen auf großes Interesse und hatten mehrere Industriekooperationen zur Folge.
Die äußerst innovative Forschung von Adelung spiegelt sich in mehr als 300 Publikationen in mitunter sehr hochrangigen Zeitschriften wieder, die zahlreich zitiert wurden. Allein in den letzten zwei Jahren hat Adelung mehr als fünf Millionen Euro Drittmittel eingeworben und ist auf EU-Ebene zum Beispiel im Graphen-Flagship-Projekt beteiligt. Über zwanzig – zum Großteil internationale – Patente, sehr erfolgreiche Industriekooperationen und Firmenausgründungen verdeutlichen das hohe Anwendungspotential seiner Forschung.
Im Rahmen seiner Habilitation in der Materialwissenschaft und eines Feodor-Lynen-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Case Western Reserve University, Ohio, USA, habe Adelung „schon sehr früh sein eigenes Forschungsprofil entwickelt und mit bahnbrechenden Forschungsarbeiten überzeugt“, heißt es in der Laudation zum DGM-Preis. Als eigenständiger Heisenberg-Professor und anschließend Leiter des Lehrstuhls für Funktionale Nanomaterialien an der CAU habe Adelung „innerhalb kürzester Zeit eine große und außergewöhnlich erfolgreiche Arbeitsgruppe aufgebaut und das Gebiet der Funktionalen Nanomaterialien in vielfacher Weise bereichert“.