Renommierte US-Evolutionsbiologin Nancy Moran erhält Kieler Möbius-Preis

CAU-Sonderforschungsbereich 1182 zeichnet Professorin von der University of Texas für ihre Pionierarbeit in der Symbioseforschung aus

Am gestrigen Montag, 25. September, verlieh der Sonderforschungsbereich (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) seinen wichtigsten Wissenschaftspreis, das sogenannte Karl August Möbius-Fellowship. Professorin Nancy Moran von der University of Texas in Austin erhielt die Auszeichnung im Rahmen einer Feierstunde im Zentrum Molekulare Biowissenschaften (ZMB). Moran leistete im Laufe ihrer über 40-jährigen wissenschaftlichen Karriere wichtige Pionierarbeit in der Symbioseforschung. Ihre Arbeiten zur gemeinsamen Evolution von Insekten und symbiotischen Mikroorganismen trugen dazu bei, der Mikrobiomforschung zu ihrer heutigen zentralen Bedeutung in den Lebenswissenschaften zu verhelfen. Die international renommierte Forscherin nahm das mit 10.000 Euro dotierte Möbius-Fellowship 2023 von SFB 1182-Sprecher Professor Thomas Bosch entgegen.
 

Pionierarbeit in der Erforschung der Symbiose von Insekten und Mikroorganismen

Moran erforscht seit vielen Jahren die gemeinsame evolutionäre Entwicklung von Insekten und Mikroorganismen und hat an diesem Beispiel das moderne Konzept der Symbiose im Sinne eines Metaorganismus aus vielzelligen Wirtslebewesen und mikrobiellen Symbionten mit definiert. Damit hat sie den Paradigmenwechsel in den Lebenswissenschaften der vergangenen Jahre aktiv begleitet, der mit der Einführung neuartiger genomischer Analysemethoden die Entschlüsselung der molekularen Mechanismen in den Beziehungen von Wirtlebewesen und besiedelnden Mikroorganismen erst möglich gemacht hat.

Moran und ihre Forschungsgruppe haben auch das spezifischen Darmmikrobiom von Honigbienen charakterisiert und damit ein neues und nützliches Modellsystem für das Verständnis komplexerer Mikrobengemeinschaften geschaffen, die sich auf die Gesundheit des Organismus auswirken. Ihre Arbeit über das Mikrobiom von Honigbienen und seine Störung durch Antibiotika und Pestizide könnte schließlich zu einem besseren Verständnis der Rolle führen, die das menschliche Mikrobiom bei der Erhaltung der menschlichen Gesundheit spielt. In einem 2020 in der Zeitschrift Science veröffentlichten Artikel beschrieben sie und ihr Team die Entwicklung einer neuen Strategie zum Schutz von Honigbienen vor tödlichen Milben und Viren durch den Einsatz gentechnisch veränderter Bakterienstämme.

 „Nancy Morans erfolgreiche und außerordentlich fruchtbare Laufbahn hat wesentlich dazu beigetragen, die Symbioseforschung in den Fokus der modernen Lebenswissenschaften zu rücken. Sie hat in vorbildhafter Weise aufgeklärt, wie mikrobielle Symbionten etwa durch die Bereitstellung ihrer Stoffwechselfähigkeiten zum Funktionieren von Wirtslebewesen und ganzen ökologischen Gemeinschaften beitragen können“, betont Gastgeber Bosch vom SFB 1182. „Für unseren Sonderforschungsbereich sind ihre wissenschaftlichen Leistungen daher von zentraler Bedeutung und machen sie in beispielhafter Weise zu einer verdienten Trägerin des Kieler Möbius-Preises“, so Bosch weiter.

In ihrem auf die Preisverleihung folgenden Vortrag sprach Moran zum Thema „Die Welt der Symbiose von Insekten und Bakterien: Was wir gelernt haben und was nicht“ und zeigte damit beispielhaft die Errungenschaften der Symbioseforschung in den vergangenen Jahrzehnten und ihr weiteres Entwicklungspotenzial für die Zukunft auf.
 

Renommierte Preisträgerinnen und Preisträger

Als Kieler Möbius-Fellow zählt Nancy Moran nun zum Kreis bedeutender internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die seit 2016 vom Kieler SFB 1182 ausgezeichnet wurden. Dazu zählen unter anderem die US-amerikanischen Forschenden Professor Rob Knight von der University of California, Professorin Angela Douglas von der Cornell University, Professor Martin Blaser von der Rutgers University in New Jersey, sowie Professor Eugene Rosenberg gemeinsam mit Dr. Ilana Zilber-Rosenberg von der israelischen Universität Tel Aviv. Die Mitglieder des Kieler Sonderforschungsbereichs hoffen, dass ihr Wissenschaftspreis dazu beiträgt, die zentrale Bedeutung der Erforschung des Zusammenspiels von Wirtslebewesen und Mikroorganismen für Gesundheit und Krankheit auch in der Öffentlichkeit bekannter zu machen.

Über den Namensgeber Karl August Möbius:
Der Zoologe und Ökologe entdeckte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kiel mit dem Konzept der Biozönose die gegenseitige Abhängigkeit von unterschiedlichen Lebewesen innerhalb einer Lebensgemeinschaft. Die heutigen Metaorganismus-Forschenden in Kiel und ihre Partnerinnen und Partner weltweit führen die von Möbius geschaffene Forschungsrichtung fort, indem sie das Konzept der multiorganismischen Beziehungen und seine Bedeutung für Gesundheit und Krankheit von Mensch, Tier und Pflanze weiterentwickeln.

Wissenschaftlicher Kontakt:

Prof. Thomas Bosch
Sprecher SFB 1182
„Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“, CAU
0431-880-4170
tbosch@zoologie.uni-kiel.de

Pressekontakt:

Christian Urban
Wissenschaftskommunikation
„Kiel Life Science", CAU
0431-880-1974
curban@uv.uni-kiel.de

Gruppenbild
© Christian Urban, Uni Kiel

Professorin Nancy Moran von der University of Texas in Austin, hier mit SFB 1182-Sprecher Professor Thomas Bosch, erhielt das Möbius Fellowship 2023 für ihre wichtigen Pionierarbeiten in der Symbioseforschung.

Vortrag
© Christian Urban, Uni Kiel

In ihrem Plenarvortrag mit dem Titel "Die Welt der Symbiose von Insekten und Bakterien" zeigte Moran beispielhaft die Leistungen der Symbioseforschung in den vergangenen Jahrzehnten auf.

Preisübergabe
© Christian Urban, Uni Kiel

Prof. Moran nimmt den mit 10.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis des Sonderforschungsbereichs 1182 "Herkunft und Funktion von Metaorganismen" von Prof. Bosch entgegen.

Weitere Informationen:

Über den SFB 1182

Der Sonderforschungsbereich „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ ist ein interdisziplinäres Netzwerk unter Beteiligung von rund 80 Forschenden, das die Interaktionen spezifischer Mikrobengemeinschaften mit vielzelligen Wirtslebewesen untersucht. Es wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt und beschäftigt sich mit der Frage, wie Pflanzen und Tiere einschließlich des Menschen gemeinsam mit hoch spezifischen Gemeinschaften von Mikroben funktionale Einheiten (Metaorganismen) bilden. Ziel des SFB 1182 ist es, zu verstehen, warum und wie mikrobielle Gemeinschaften diese langfristigen Verbindungen mit ihren Wirtsorganismen eingehen und welche funktionellen Konsequenzen diese Wechselwirkungen haben. Im SFB 1182 sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fünf Fakultäten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Plön, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik und der Muthesius Kunsthochschule zusammengeschlossen.

Über Kiel Life Science (KLS)

Das interdisziplinäre Zentrum für angewandte Lebenswissenschaften – Kiel Life Science“(KLS) – vernetzt an der CAU Forschungen aus den Agrar- und Ernährungswissenschaften, den Naturwissenschaften und der Medizin. Es bildet einen von vier Forschungsschwerpunkten an der Universität Kiel und will die zellulären und molekularen Prozesse besser verstehen, mit denen Lebewesen auf Umwelteinflüsse reagieren. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Fragen, wie sich landwirtschaftliche Nutzpflanzen an spezielle Wachstumsbedingungen anpassen oder wie im Zusammenspiel von Genen, dem individuellen Lebensstil und Umweltfaktoren Krankheiten entstehen können. Gesundheit wird dabei immer ganzheitlich im Kontext der Evolution betrachtet. Unter dem Dach des Forschungsschwerpunkts sind derzeit rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 40 Instituten und sechs Fakultäten der CAU als Vollmitglieder versammelt.

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