Gesundheit aus dem Meer – Forschung zu medizinischen Wirkstoffen aus Algen der Nord- und Ostsee

Kieler Augenspezialistin und KMS-Mitglied Alexa Klettner (UKSH) mit Braunalgen-Forschung an EU-Projekt AlgaeProBanos beteiligt

Braunalgen spielen in den Ökosystemen von Nord- und Ostsee eine wichtige Rolle, gehören zu den größten Algenarten und gelten als sehr anpassungsfähig an sich verändernde Umweltbedingungen. Neben ihrer Bedeutung für ein gesundes Ökosystem und als Lebensraum für marine Gemeinschaften besitzen Braunalgen einzigartige Eigenschaften mit einem hohen Potenzial für die Entwicklung medizinischer Produkte. So enthalten Braunalgen wie der Blasentang sogenannte Fucoidane, Substanzen mit entzündungshemmender Wirkung, die in Zukunft möglicherweise zur Behandlung von bisher unheilbaren Alterskrankheiten wie Alzheimer oder der Augenkrankheit altersabhängige Makuladegeneration eingesetzt werden könnten.

Innerhalb der neuen europäischen Innovations- und Forschungsinitiative AlgaeProBanos ist Professorin Alexa Klettner von der Augenklinik am Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) maßgeblich an einem Projekt beteiligt, in diesem die marinen Substanzen der Braunalge im Labor und an Modellorganismen auf ihre nervenschützenden (neuroprotektiven) Eigenschaften getestet werden. Für ihre Forschung, die auch vom Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science (KMS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Medizinischen Fakultät der CAU unterstützt wird, erhält Klettner ein Fördervolumen von rund einer halben Million Euro.

Zusammenarbeit in einem großen Netzwerk

„Mit der europäischen Förderung können wir die nächsten Schritte in unserer Forschung planen und die Substanzen an Modellorganismen testen“, sagt Alexa Klettner, Professorin für Experimentelle Retinologie an der Medizinischen Fakultät der CAU, die bereits im deutsch-dänischen InterReg-Projekt „FucoSan – Gesundheit aus dem Meer“ und nachfolgenden Projekten die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften der Braunalge nachweisen konnte.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass langkettige Zuckermoleküle aus den Braunalgen (Fucoidane) in kultivierten Zellen des Auges antioxidativ wirken, Entzündungsreaktionen dämpfen und eine Gefäßneubildung aufhalten können. Diese Vorgänge werden als Hauptursache für die altersabhängige Makuladegeneration angesehen. Noch besteht erheblicher Forschungsbedarf, aber Forschende wie Klettner hoffen, dass Fucoidane den Krankheitsverlauf verlangsamen könnten, wenn sie rechtzeitig eingesetzt werden, um so das Augenlicht der Patienten langfristig zu erhalten. „In dem neuen Projekt freuen wir uns auf die internationale Zusammenarbeit in einem großen Netzwerk mit Anwendern und europäischen Unternehmen. Wir versprechen uns wesentliche Erkenntnisse über die Umsetzbarkeit von marinen Produkten in der Augenheilkunde“, so Klettner.

AlgaeProBanos: Eines der größten von der EU geförderten Projekten

Im Dachprojekt AlgaeProBanos, das von der Europäischen Union im Rahmen der EU-Horizon Mission „Restore our Ocean and Waters“ gefördert wird, haben sich insgesamt 26 Partnerinnen und Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft aus zehn europäischen Ländern aus dem gesamten Ost- und Nordseeraum zusammengeschlossen. Sie wollen Algen für neue und hochwertige Produkte und Dienstleistungen für eine Vielzahl an Bereichen wie in der Lebens- und Futtermittelindustrie, für Nahrungsergänzungsmittel, Textilien, Kosmetika oder für medizinische Produkte nutzbar machen.

AlgaeProBanos leistet einen Beitrag zur Leuchtturminitiative Blue Mission BANOS und wird vom SUBMARINER Netzwerk koordiniert. Mit einem Gesamtvolumen von mehr als 12 Millionen Euro gehört es zu den größten von der EU geförderten Projekten und soll zu einer kohlenstoffneutralen und kreislauforientierten blauen Wirtschaft in Europa beitragen.

Wissenschaftlicher Kontakt:

Prof. Alexa Klettner
Experimentelle Retinologie
Klinik für Ophthalmologie (Augenheilkunde) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH),
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
Alexa.Klettner@uksh.de

Gruppenbild
© Ferdinand Bulmer, SUBMARINER Netzwerk

Kick-off Meeting für AlgaeProBanos in Berlin: Das europäische Verbundvorhaben wird vom SUBMARINER Netzwerk geleitet und bezieht Meeresforschende sowie Anwenderinnen und Anwender mit ein.

Unterwasseraufnahme
© Uli Kunz, Submaris

Meeresorganismen wie Braunalgen wie etwa der Blasentang enthalten Substanzen mit entzündungshemmender Wirkung, die auch in der Medizin eine große Rolle spielen.

Über Kiel Marine Science (KMS)

Kiel Marine Science (KMS) ist das Zentrum für interdisziplinäre Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). KMS bildet die organisatorische Einheit für alle natur-, geistes- und sozialwissenschaftlich arbeitenden Forscherinnen und Forscher, die sich mit den Meeren, Küsten und den Einfluss auf die Menschheit beschäftigen. Die Expertise der Gruppen kommt beispielsweise aus den Bereichen der Klimaforschung, der Küstenforschung, der Physikalischen Chemie, der Botanik, aus der Mikrobiologie, der Mathematik, der Informatik, der Ökonomie oder aus den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Insgesamt umfasst KMS über 70 Arbeitsgruppen an sieben Fakultäten und aus über 26 Instituten. Gemeinsam mit Akteuren außerhalb der Wissenschaft arbeiten sie weltweit und transdisziplinär an Lösungen für eine nachhaltige Nutzung und den Schutz des Ozeans.

Pressekontakt:

Friederike Balzereit
Wissenschaftskommunikation | Öffentlichkeitsarbeit | Kiel Marine Sciences (KMS) | Future Ocean Netzwerk