Munition im Meer – Was sind die Auswirkungen auf Umwelt, Tiere und Menschen?
Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Vorlesungsreihe „Schutz und nachhaltige Nutzung unserer Meere und Küstenregionen“
Aktuelle Ergebnisse aus der Forschungsmission sustainMare der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM)
Seit dem 1. Weltkrieg wurden weltweit beträchtliche Mengen an Kriegsmaterial und Munition absichtlich in den Meeren versenkt. Nach mehr als 70 Jahren auf dem Meeresgrund korrodieren die Metallhüllen dieser Munition, so dass Chemikalien der Explosivstoffe austreten und sich in der Meeresumwelt verteilen. Sprengstoffe wie TNT (2,4,6-Trinitrotoluol) und seine Derivate sind giftig und zudem krebserregend. Diese Verbindungen stellen somit eine Gefahr für die Meeresumwelt dar. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass die chemischen Bestandteile der Munition wahrscheinlich keine akute Toxizität für Meeresorganismen zur Folge haben. Allerdings zeigen diese Studien auch, dass austretende Munitionsverbindungen subletale und chronische Auswirkungen auf aquatische Organismen haben, insbesondere auf die, die direkt auf dem Meeresboden oder in Oberflächensedimenten leben bzw. langlebig sind. Darüber hinaus stellen Munitionsobjekte sekundäre Hartsubstrate dar, die besonders als Aufzuchthabitate für junge Meerestiere besiedelt werden. Deshalb ist es besonders wichtig, diese Habitate genau zu untersuchen.
Neben der Analyse der Emissionen von Explosivstoffen aus der Munition in das Umgebungswasser, das Sediment, aber auch in das Gewebe von Organismen, ist für die Gefährdungsbeurteilung entscheidend, wie sich die Substanzen auf exponierte Organismen auswirken. Dazu werden mit Hilfe einer Multi-Biomarker-Analyse die Effekte der Explosivstoffe auf Organismen gemessen und bewertet. So können beispielsweise Geninduktionen oder Enzymaktivitäten, die in Entgiftungs- bzw. Abwehrprozessen eine Rolle spielen, erhöht sein oder es kann zu einer Akkumulation von Stoffwechselendprodukten im Gewebe kommen, die auf die Präsenz von Schadstoffen hindeuten. Darüber hinaus kann ein höherer Energiebedarf der Zellen oder eine reduzierte Gesamtkondition des Organismus ein Hinweis auf Effekte von Explosivstoffen darstellen. Sind Organismen diesen Stoffen über eine längere Zeit ausgesetzt, können Gewebeveränderungen auftreten. Gleiches gilt für hohe Konzentrationen. Diese Effekte können schließlich zu Schadstoff bedingten Krankheitsbildern führen.
Leider können die Chemikalien aus der Munition auch in die marine Nahrungskette gelangen und beim Verzehr von kontaminierten Meeresfrüchten direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Während die Aufnahme und Akkumulation von toxischen Explosivstoffen in marinen Organismen wie Muscheln und Fischen bereits nachgewiesen wurde, fehlt eine zuverlässige Risikobewertung sowohl für den Menschen als Konsumenten von Meeresfrüchten als auch für das Ökosystem. In diesem Vortrag werden die ersten Ergebnisse von Untersuchungen zu Emissionen von Explosivstoffen und ihren Auswirkungen auf marine Organismen vorgestellt und Methoden für eine verlässliche Risikobewertung für Meeresbiota, aber auch für den menschlichen Meeresfrüchtekonsumenten aufgezeigt.
Vortragende: Prof. Dr. Edmund Maser, Institut für Toxikologie und Pharmakologie für Naturwissenschaftler, Universität zu Kiel / Dr. Matthias Brenner, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
Datum: 31. Mai 2023
Uhrzeit: 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr
Ort: digital (Zoom) / Den Zugang zum Zoom-Meeting finden Sie auf der Webseite der Vorlesungsreihe.

Satellitenbild der Nordsee und der Nordseeinseln vor Deutschland und den Niederlanden