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Gute Lehre lernen

Die Zeiten werden schnelllebiger. Auch in der Lehre. Wer im Hörsaal, im Seminarraum oder im Labor souverän auftreten und gute Arbeit leisten will, ist gut beraten, sich das entsprechende Handwerkszeug anzueignen. Die Uni Kiel bietet dazu einen prall gefüllten Koffer.

Voller Vorlesungssaal
© Jürgen Haacks, Uni Kiel

Vorlesung im Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Es gibt sie ohne Zweifel, die Naturtalente, die sich in einen vollen Hörsaal stellen und dem Publikum ihr Wissen ebenso unterhaltsam wie effektiv nahebringen. Über eine solche Gabe verfügt allerdings nicht jeder und jede. Und selbst wenn, würde der Faktor „Entertainment" auf Dauer keine wirklich gute Lehre begründen, betont Annekatrin Mordhorst, die Leiterin der Wissenschaftlichen Weiterbildung an der Uni Kiel: „Es braucht zum Beispiel auch Methodenvielfalt, sonst wird es selbst bei noch so tollem Auftreten für die Studierenden irgendwann langweilig.“

Ähnlich sieht es Stephanie von Below, die sich als Coach, Trainerin und Karriereberaterin auf den wissenschaftlichen Bereich spezialisiert hat und seit vielen Jahren mit der Christian-Albrechts-Universität zusammenarbeitet. „Fürs wissenschaftliche Hochschulpersonal ist Lehre nicht die Kernkompetenz“, betont sie und verweist auf die drei wesentlichen Rollen, die diesem Berufszweig zufallen: Forschung, Wissensmanagement und Lehre.

Hier setzt auch das Training oder Coaching an. Vor allem gilt es laut Stephanie von Below zuerst einmal, „Rollensensibilität“ zu wecken, damit klar ist, in welchem Bereich zu einer bestimmten Zeit Kompetenz gefordert ist. Ist das wirklich verinnerlicht, fällt vieles gar nicht mehr so schwer, weiß die studierte Psychologin und Theologin: „Wie gute Wissensvermittlung funktioniert, das ist tatsächlich ein sehr gut erforschtes Feld. Wir haben da ganz viel Handwerkszeug, das es nur sinnvoll zu nutzen gilt.“

Im Detail und je nach Disziplin unterscheidet sich dieses Handwerkszeug mitunter beträchtlich. In der Philosophie spielt beispielsweise das Streitgespräch eine wichtige Rolle im wissenschaftlichen Diskurs. „Da müssen die Lehrenden den Studierenden vermitteln können, dass Streit in diesem Kontext nicht persönlich genommen werden sollte“, erläutert Dana Zentgraf, die in der universitären Weiterbildung mit für das wissenschaftliche Hochschulpersonal zuständig ist. Ganz anders sieht es hingegen im Labor aus, wo es auch darauf ankommt, die Arbeit kleiner Teams in die gesamte Gruppe zu kommunizieren.

Trotz und ein Stück weit auch wegen solcher Unterschiede hat es sich nach Überzeugung der Verantwortlichen an der Uni Kiel bewährt, Seminare in der didaktischen Weiterbildung mit Teilnehmenden aus vielerlei Fachrichtungen abzuhalten. „Unter sich ist man ja im Alltag genug“, meint Annekatrin Mordhorst, die zudem erfahren hat, dass der Blick über den Tellerrand auch in Fragen der Lehre bereichernd wirken kann.

Entsprechend gemischt geht es besonders bei den hochschuldidaktischen Grundkursen her. Alle Lehrenden, die aus Landesmitteln bezahlt werden, müssen seit dem Jahr 2008 verpflichtend solche in der Regel anderthalbtägigen Seminare absolvieren. Und fast durchweg erkennen sie am Ende an, dass diese Kurse tatsächlich etwas bringen. „Den meisten geht es darum, kompetent, souverän und mit vertretbarem Zeitaufwand gute Lehre zu gestalten, und genau darauf wollen wir hinwirken“, berichtet Stephanie von Below.

Das inhaltliche Interesse der Lehrkräfte wechselt dabei im Lauf der Zeit. Aktuell ist laut Annekatrin Mordhorst immer wieder der Umgang mit Smartphones bei Lehrveranstaltungen ein Thema. Auch die Frage, wie in Vorlesungen oder Seminaren die Vielfältigkeit der anwesenden Studierenden angemessen gewürdigt werden kann, ohne dass es gekünstelt oder verordnet wirkt, ruft wachsendes Interesse hervor.

Auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden derweil die Einzelcoachings, die ebenfalls in Anspruch genommen werden können. Junge Lehrende, die zum Beispiel an ihrer Promotion arbeiten und zugleich in der Lehre tätig sind, haben anfangs oft Schwierigkeiten, ihre Rolle im Hörsaal oder Seminarraum zu verinnerlichen. „Einerseits ist man den Studierenden alters- und gefühlsmäßig sehr nah, andererseits muss man aber auch Prüfungen abnehmen und sich Respekt verschaffen“, beschreibt Dana Zentgraf das Problem. Eine ernsthafte Hürde stellt dieses Problem allerdings nicht dar, betont ihre Kollegin Mordhorst: „Einfach Kompetenz auszustrahlen, die ja zweifellos vorhanden ist, bringt schon sehr viel. Und dann sollte man sich verdeutlichen, dass es völlig in Ordnung ist, als junger Mensch in die Rolle als Lehrkraft hineinzuwachsen. Es muss nicht alles gleich perfekt sein.“

Autor: Martin Geist

Mit und ohne Zertifikat

Die Wissenschaftliche Weiterbildung an der Uni Kiel richtet sich an alle Hochschulangehörigen, aber auch an Unternehmen und externe Weiterbildungswillige. Geht es um das wissenschaftliche Hochschulpersonal, dann bilden erst einmal Grund- und Vertiefungskurse in Hochschuldidaktik die Basis. Darüber hinaus ist das Angebot je nach Bedarf und Interesse weitreichend. Es gibt Kurse zu Forschungsethik, Interkulturalität und ähnlichen Themen, ebenso zu Forschungsförderung, zu Projektmanagement oder zur Vorbereitung auf eine Führungsposition.

Erfasst werden dabei alle wesentlichen Gruppen an der Universität. Alters- beziehungsweise karrieremäßig beginnt es bei den Doktorandinnen und Doktoranden, es geht weiter bei den Professorinnen und Professoren und dem Führungspersonal der Dekanate und umfasst schließlich das gesamte Hochschulpersonal.

Für erfolgreiche Weiterbildung vergibt die Uni Kiel in verschiedenen Bereichen Zertifikate. Sehr umfangreich ist das Zertifikat Hochschuldidaktik, das mindestens 160 Kursstunden voraussetzt und die Lehre didaktisch bereichern soll. Mit Brief und Siegel bestätigen lassen kann sich das Hochschulpersonal aber auch Kompetenz in Sachen Führung oder im Umgang mit kultureller Vielfalt.

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