Surfen auf der Welle des Erfolgs

Die 28-jährige Kitesurferin Leonie Meyer ist Vize-Europameisterin, hat ihr zweites Staatsexamen in Medizin an der Uni Kiel abgelegt und im Mai 2021 einen Sohn bekommen. Und sie verfolgt noch große Ziele.

Kitesurferin bei sonnigem Wetter

Beim Kitesurfen profitiert die Spitzensportlerin Leonie Meyer von ihrem guten Gleich­gewichtssinn und ihrer Kraft in den Beinen.

Schon als Kind hat Leonie Meyer, die in Osnabrück aufgewachsen ist, segeln gelernt. Die Leidenschaft für diesen Sport ist von ihren Eltern auf sie übergegangen und die Erfolge blieben nicht aus. Im Rahmen einer Olympiakampagne hat es sie im Jahr 2012 nach Kiel gezogen. Mit der Qualifikation für die Spiele in Rio 2016 klappte es dann allerdings nicht. Sie nahm in Kiel ihr Medizinstudium auf und schwenkte aufs Kiten um. Gefördert wird Leonie Meyer von der Deutschen Sporthilfe. Außerdem erhält sie ein Deutsche-Bank-Sport-Stipendium und ist in diesem Rahmen als »Sport-Stipendiatin des Jahres 2021« ausgewählt worden.

»Die Deutsche Sporthilfe und das Deutsche-Bank-Stipendium ermöglichen uns Athletinnen und Athleten, dass wir uns ganz auf den Sport und das Studium konzentrieren können, ohne nebenbei noch arbeiten zu müssen«, erläutert die Stipendiatin. Früher habe sie unter anderem zusätzlich als Kitelehrerin unterrichtet. »Das hat mir zwar Spaß bereitet, aber der Tag besteht nicht aus unendlich vielen Stunden.« Als großer Vorteil stellte sich heraus, dass die Uni Kiel Partnerhochschule des Spitzensports ist. Sie kooperiert mit dem Studentenwerk Schleswig-Holstein, dem Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein und dem Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband. Das Ziel besteht darin, studierende Spitzensportlerinnen und -sportler zu fördern. Das ist zum Beispiel durch flexiblere Studienbedingungen möglich. »Die Uni hat mich in einigen Fällen darin unterstützt, dass ich Kurse auf einen anderen Tag verschieben konnte, um an Wettkämpfen teilnehmen zu können«, schildert die Athletin.

Sie hat bereits große Siege errungen: In den Jahren 2016, 2017 und 2019 wurde sie Deutsche Meisterin und 2020 holte sie im Mixed-Team, das heißt, mit einem Partner, EM-Silber. »Es hilft, auf Erfahrungen im Segelsport zurückgreifen zu können«, meint Leonie Meyer. »Auch beim Kitesurfen geht es um Windlesen, taktische Entscheidungen und ein gutes Gleichgewichtsgefühl, außerdem ist viel Kraft in den Beinen nötig.«

Den Reiz des Sports macht für sie besonders die Geschwindigkeit aus. »Das ist jedes Mal ein Riesen-Adrenalin-Kick.« Zwischen 60 und 65 Kilometer pro Stunde erreicht sie. Männer können aufgrund ihres höheren Gewichts und ihrer größeren Kraft mit bis zu 80 km/h über das Wasser brettern. »Es gibt keine Segelboot-Klasse, die schneller ist als wir«, erläutert die Sportlerin. Das Foil, das an die Unterseite des Brettes geschnallt wird, ist eine Konstruktion, die das Board aus dem Wasser hebt, sodass Kitesurfende damit geradezu über die Wellen schweben. Doch Stürze können gefährlich sein. Schon zweimal hat sich die Athletin am scharfkantigen Foil Wunden zugezogen, das letzte Mal 2020 während der EM in Polen. »Ich bin ins Foil hineingestürzt, wobei mein Fuß verletzt wurde«, schildert sie. »Im Auto habe ich mich selbst genäht, denn ich hätte es nicht geschafft, zum Krankenhaus zu fahren, mich dort versorgen zu lassen und rechtzeitig beim nächsten Wettkampf anzutreten.«

Neben dem Studium war sie immer wieder in der Chirurgie tätig und auch für die Zukunft kann sie sich eine Arbeit in diesem Bereich vorstellen. Im Oktober 2021 bestand sie ihr zweites Staatsexamen. In etlichen Phasen des Studiums ist sie mit wenig Schlaf ausgekommen: »Es gab kaum Tage, an denen ich vor Mitternacht mit meinem Lernplan fertig war.« Schon als Schülerin ist es ihr großer Traum gewesen, Ärztin zu werden. »Ich habe damals viel Sport getrieben und mich dafür interessiert, wie mein eigener Körper funktioniert.« Was in ihren Augen ebenfalls für ihre Berufswahl spricht: »Ich bin gern mit Menschen zusammen, habe Freude daran, zu helfen, und bin eine Team-Playerin.«

Im Mai 2021 kam ihr Sohn Levi zur Welt. Ihr Partner hat Elternzeit genommen, sodass sie nach der Schwangerschaft und der Examenszeit wieder ganz in den Leistungssport hineinfinden kann. Mit ihrem Van ist die Familie auf »Roadtour« durch Europa, damit die Athletin in Gebieten mit den besten Kite-Bedingungen trainieren und an verschiedenen Stationen zu Wettkämpfen antreten kann. »Unser Sohn ist glücklicherweise ein pflegeleichtes Kind«, freut sich die Mutter. Mit »Motivation und gutem Zeitmanagement« schaffe sie es, die verschiedenen Bereiche unter einen Hut zu bekommen. Doch vor allem »Hingabe und Freude an diesen Aufgaben« sei der Wind in ihren Segeln. »Mein großes Ziel ist es, bei den Olympischen Spielen 2024 in Frankreich mit Kind und als angehende Ärztin auf dem Treppchen zu stehen«, erklärt sie. Ihr Praktisches Jahr in der Medizin-Ausbildung möchte sie erst später starten. Ihre Hobbys – sie spielt Klavier und Geige und fertigt Möbel – liegen momentan auf Eis. Doch irgendwann werde sie dazu wieder mehr Zeit finden, versichert die vielseitige junge Frau.

Autorin: Annette Göder

Deutsche Sporthilfe

Die Deutsche Sporthilfe ist eine gemeinnützige Stiftung. Sie unterstützt seit 1967 Nachwuchs- sowie Spitzensportlerinnen und -sportler sowohl finanziell als auch bei der Karriereplanung. Zugute kommt ihre Hilfe Bundeskaderathletinnen und -athleten der olympischen Sportarten sowie ausgewählten Athleten und Athletinnen nicht olympischer Sportarten.

Die Deutsche Sporthilfe, der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband, die Hochschulrektorenkonferenz und andere Partner haben 1999 ein Vertragswerk zur besseren Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport erarbeitet. Es sieht unter anderem eine Flexibilisierung des Studienplans vor. Verschiedene Hochschulen traten dem Projekt im Laufe der Zeit als »Partnerhochschule des Spitzensports« bei, so auch die CAU.

Seit 2001 ist die Deutsche Bank Partner der Deutschen Sporthilfe. Sie unterstützt mit einem zusätzlichen Betrag studierende Athletinnen und Athleten. Diese haben außerdem die Möglichkeit, durch eine Jury-Entscheidung und eine Online-Abstimmung zur Sportstipendiatin oder zum Sportstipendiaten des Jahres erkoren zu werden und für eineinhalb Jahre eine höhere Fördersumme zu erhalten.

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