Karl Leonhard Reinhold
Der aus Österreich stammende Schriftsteller und Philosoph war ein stets nach Wahrheit suchender Unruhegeist. Als engagierter Vertreter der Aufklärung brachte er die kantische Philosophie nach Kiel.

Karl Leonhard Reinhold
Foto: Wikimedia
Das weiß auch der junge Reinhold, der, angezogen von den neuen Ideen, aus seinem Wiener Kloster zunächst nach Leipzig, dann nach Weimar flieht. Hier tritt er 1784 zum protestantischen Glauben über. Im selben Jahr lernt er Christoph Martin Wieland kennen, den Herausgeber der Literaturzeitschrift »Der Teutsche Merkur«. Da Reinhold von den Ideen Immanuel Kants fasziniert ist, verfasst er für Wieland ab 1786 die »Briefe über die Kantische Philosophie«, die 1790 auch als Buch erscheinen und ein Publikumserfolg werden. »Es ist Reinholds bleibender Verdienst, die Philosophie Immanuel Kants einem breiteren allgemeinen Publikum zugänglich gemacht zu haben«, sagt Professor Dirk Westerkamp vom Philosophischen Seminar. In dem Werk propagiert Reinhold nicht nur die Ideen Kants, er entwickelt sie weiter. »Als eine "Lücke" in der systematischen Philosophie Kants hat Reinhold etwa den Mangel einer Theorie unseres Vorstellungsvermögens empfunden«, so Westerkamp. Während Kant den Begriff »Vorstellung« nicht näher erklärt, definiert Reinhold ihn neu und benennt mehrere verschiedene Arten, sich Dinge vorzustellen.
1791 erhält Reinhold an der Universität Jena eine ordentliche Professur für Philosophie und trägt durch sein Engagement für die kantische Philosophie dazu bei, Jena zum Zentrum der deutschen Philosophie zu machen. Später wird er einflussreicher Lehrer von Philosophen und Dichtern wie Novalis, Franz Paul von Herbert, Johann Benjamin Erhard oder Friedrich Immanuel Niethammer.
Ähnlich wie heute stehen auch damals schon die europäischen Universitäten in einer Art Wettstreit um die klügsten Köpfe. Den Aufklärer Reinhold hat dabei das dänisch regierte Herzogtum Schleswig im Auge, das versucht, ihn als den Repräsentanten der kantischen Philosophie aus Jena abzuwerben. In einem Dokument der Deutschen Kanzlei in Kopenhagen heißt es, man wolle Reinhold an die Universität Kiel holen: »Nach allgemeinem Urteil in der fasslichen und gründlichen Vorstellung des kantischen Systems Reinhold selbst den Urheber desselben übertrifft«, zitiert Professor Westerkamp.
1794 folgt Reinhold dem Ruf nach Kiel, wo er zweimal Rektor wird und bis zu seinem Tod am 10. April 1823 lebt. Ein gemeinsames Grabmal teilt er sich mit dem dänischen Schriftsteller Jens Immanuel Baggesen auf dem nahe Kiel gelegenen Parkfriedhof Eichhof.
Sein wissenschaftliches Erbe – nicht nur für die Philosophie – bleibt die Suche nach der Wahrheit im Denken und Handeln. »Reinhold war ein ständig Konvertierender und nach Wahrheit Suchender. Nach Reinhold sollte Wahrheit das Ziel jeder wissenschaftlichen Erkenntnis sein.« Reinhold gilt heute als der wichtigste österreichische Vertreter der Aufklärung und als Wegbereiter der Rezeption Immanuel Kants im deutschen Sprachraum.
Michael Wieczorek
Zum Weiterlesen: Wolfgang Kersting, Dirk Westerkamp (Hrsg.): Am Rande des Idealismus. Studien zur Philosophie Karl Leonhard Reinholds. Paderborn 2009
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