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Nr. 60, 29.05.2010  voriger  Übersicht  weiter  REIHEN  SUCHE 

Splitter: Deutsch ist out

Networking! ist der Schlachtruf, den alle Web-2.0-Tauglichen vernehmen. Um gründliche Kenntnisse der Trendsprache Denglisch kommt man dabei kaum herum. Vom Jugendclub bis in die Chefetage wird getwittert, gechattet, gebloggt. Man geht ins Office, trifft sich zu Meetings und zum Brainstorming, präsentiert Charts und hält Briefings ab. Wer dafür noch eine Übersetzung braucht, der nimmt anstatt eines Wörterbuches den Duden zur Hand. Dieses Buch ist als Grundfeste der deutschen Sprache nämlich nur Abbild und nicht Vorbild der Realität. Vorschriften in Sachen Sprache macht sich der Deutsche also selbst. Doch warum ist der Inhalt von Internetseiten zunehmend Content, der Bildschirm immer ein Display? Auf dem Weg zum Up-to-date-Sein lässt sich die Mischmaschsprache nicht umgehen. Was in ist, ist in. Und das heißt, Deutsch ist out.

Der einzige Ausweg aus dieser Zwickmühle Zwickmühle ist Awareness. Also Denken, bevor man redet. Denn während absurde Denglisch-Phänomene wie Back-Factory (Bäckerei) noch die Gemüter bewegen, schleichen sich immer mehr Anglizismen unbemerkt in die deutsche Alltagssprache ein. Und das ist keineswegs erst ein Resultat der Internetgeneration. Wer nimmt heute zum Beispiel noch ein Wort wie »Team« als englisch wahr? Wer spricht bei gestrichenen Flügen nicht von gecancelt?

Tatsache ist, jeder Deutsche spricht Denglisch sobald er E-Mails empfängt, Events plant oder sich zum Eyecatcher aufstylt. Der Duden als Spiegel unserer Sprache hat es schon längst erkannt: Deutsch in ein Korsett zu zwängen, das sowieso niemandem passt, funktioniert einfach nicht. Vor allem wenn Vorschriften ein gegenteiliges Extrem provozieren, wie T-Hemd statt T-Shirt.

Alternativ sollte man sich auf die Stärken der deutschen Sprache besinnen, die doch so viel mehr zu bieten hat, als grammatische Wortbausteine (ge- und -t in gecancelt). Das Wort Power beispielsweise heißt zu Deutsch: Energie, Kraft, Stärke, Leistung, Macht, Recht, Befugnis, Potenz, Strom, Antrieb, Staatsmacht, Vollmacht. Aus all diesen Begriffen ein Wort zu machen, ist doch viel zu schade.

Claudia Eulitz
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