Schichten erzählen Geschichte
Der Seeboden als Archiv: Was der Grund eines Gewässers über seine Vergangenheit verrät, untersucht eine Forschergruppe um den Kieler Umwelthistoriker Ingmar Unkel auf der griechischen Halbinsel Peloponnes.

Forschungsplattform im entlegenen Hochbebirgstal. Foto: Ingmar Unkel
Der See in einem entlegenen Hochgebirgstal – heute Stymfalia genannt – eignet sich besonders für eine solche Untersuchung, weil er weit und breit das einzige natürliche Gewässer dieser Größe auf dem Peloponnes und bereits viele tausend Jahre alt ist. Zudem trocknet er selten aus und verspricht damit ein kontinuierlich abgelagertes Sedimentarchiv am Seeboden aufzuweisen. Die Schichten, die sich im Laufe der Jahrtausende dort angesammelt haben, bergen eine Fülle von Informationen.
Mit einem Team aus Geowissenschaftlern, Ökologen und Technikern reiste Ingmar Unkel im März nach Griechenland. Von einer schwimmenden Plattform aus trieben sie einen Bohrer in den Seeboden, um einen senkrechten Querschnitt durch die Sedimentschichten für weitere Analysen zu gewinnen. »Schicht für Schicht archivieren die Sedimente die Umweltgeschichte. Und in diesem Archiv möchte ich mittels des Bohrkerns stöbern«, erzählt der 32-jährige Wissenschaftler.

Ingmar Unkel justiert ein Segment des Bohrkerns im Röntgenfluoreszenz-Scanner. Foto: jnm
Die Mühe beim Bohren hat sich gelohnt: 15 Meter misst der Kern, der vom Grund des Stymphalos geholt wurde. Erste Radiokohlenstoffdatierungen ergaben, dass die untersten Schichten über 30.000 Jahre alt sind. Besonders interessieren Unkel jedoch die letzten 7.000 – damals wurden die Menschen auf dem Peloponnes sesshaft, wodurch sie die Landschaft stärker als zuvor geprägt haben dürften.
Der Bohrkern wird nun von den Wissenschaftlern aus Unkels Forschungsgruppe in Kiel mit verschiedenen Verfahren unter die Lupe genommen. Dabei kommt modernste Technik zum Einsatz. »Im Geoforschungszentrum Potsdam haben wir untersucht, wie viele magnetisierbare Bestandteile der Kern enthält. Darunter fallen etwa Eisen- und Titanminerale«, berichtet Unkel. So könne sich etwa ein Staubsturm aus der Sahara, der einst über den See gefegt ist, im Sediment nachzeichnen lassen.
In Kiel untersuchen die Forscher mittels Röntgenfluoreszenzanalyse die Zusammensetzung der Schichten, ohne den Bohrkern zu zerstören. Diesen Vorteil bieten verhältnismäßig simple Verfahren wie das Ausglühen einer Probe nicht. Doch auch daraus gewinnt Unkel eine Erkenntnis: Nur das organische Material verbrennt, sein Anteil lässt sich durch Wiegen vor und nach dem Ausbacken im Muffelofen ermitteln.

Foto: pur.pur
»Ich finde es spannend, aus den Untersuchungsergebnissen auf die Prozesse zu schließen, die vor Tausenden von Jahren abgelaufen sind. Das hat ein bisschen etwas von Detektivarbeit«, freut sich Ingmar Unkel, der das Forschungsumfeld an der CAU besonders schätzt. »Die zahlreichen interdisziplinären Kontakte, besonders durch die Graduiertenschule, machen vieles erst möglich.«
Jirka Niklas Menke
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