Talentierte Proteine
Klein, aber oho: Am Biochemischen Institut der Uni Kiel wurden Proteine entdeckt, die erstaunliche Dinge leisten können. Die kleinen Eiweißverbindungen stehen auch im Zusammenhang mit gefürchteten Krankheiten.

Die Forschung geht weiter: Friederike Zunke (links) und Judith Peters messen die Aktivität von Enzymen. Foto: Martin Geist
Immerhin etwa 60 solcher auch Hydrolasen genannten Enzyme wirken in einer Organelle, und das zuallermeist ohne Fehl und Tadel. Umso problematischer kann es jedoch werden, sollte es zur kleinsten Störung an nur einer einzigen Stelle kommen.
So weit, so grundsätzlich. Speziell wollten die Forschenden, die ihren Wissensdrang über eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gewährte Doktorandenförderung an der Uni Kiel und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf befriedigen, nun wissen, wie die Enzyme überhaupt in diese Organellen hinein gelangen. Konkret ging es in den mehrjährigen Experimenten, an denen neben Professor Saftig auch der mittlerweile in Bielefeld forschende Privatdozent Dr. Michael Schwake sowie die Doktorandinnen Friederike Zunke und Judith Peters vom Biochemischen Institut der CAU beteiligt waren, unter anderem um das Enzym Glucocerebrosidase.
Die Eiweißverbindung spielt eine wesentliche Rolle bei der Parkinson-Erkrankung und auch bei der schweren Stoffwechselerkrankung Morbus Gaucher. Als Rezeptor wirkt dabei das erstmals in seinem räumlichen Aufbau entschlüsselte Protein LIMP-2, das das Enzym Glucocerebrosidase wie eine Fähre an ihren Bestimmungsort führt. Wird der Transport in den Zellen blockiert, kommt es zum entsprechenden Krankheitsbild.
Über den Einzelfall hinaus bedeutsam werden diese Erkenntnisse, weil mit SR-B1 und CD36 zwei verwandte Proteine mit ganz ähnlichen Funktionsweisen entschlüsselt werden konnten. Die wiederum sind entscheidend an krankmachenden Prozessen beteiligt, die zu Alzheimer, Demenz, Arterienverkalkung und Diabetes führen können.
Diese Proteine sind in der Lage, an Zellmembranen einen bis dahin noch nicht erkannten Tunnel zu formen, durch den bestimmte Fettmoleküle, aber auch Cholesterin in die Zelle hineingelangen können. Die Fachwelt versteht nun erstmals, wie diese Rezeptoren andere Proteine, zum Beispiel fettspaltende Enzyme oder mit Fett gefüllte Blutproteine (Lipoproteine), erkennen und gleichzeitig den Abtransport der geladenen Fette vermitteln können. »Faszinierend ist dabei, dass die Natur es geschafft hat, solche "Multitasking"-Proteine zu entwickeln, die auf der einen Seite fetttragende Proteine binden und zum anderen die Fette dann unmittelbar durch ein Tunnelsystem an die richtige Stelle transportieren können«, erklärt Saftig.
Der Gedanke, solche Fähigkeiten zu nutzen, um etwa cholesterinsenkende Medikamente daraus zu entwickeln, liegt auf der Hand. Doch Professor Saftig schränkt ein: »Was wir machen, ist Grundlagenforschung. Ob und wann die Erkenntnisse, die dabei herauskommen, in anwendungsorientierte Bereiche münden, kann niemand seriös voraussagen.«
Martin Geist
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