Schlechtes Fett, gutes Fett
Übergewicht zählt zu den äußeren Faktoren, die das Risiko für eine Krebserkrankung erhöhen. Für bereits an Krebs Erkrankte könnten kleine Pölsterchen aber auch nützlich sein. Zu diesem Schluss kommt eine Kieler Doktorandin.

Menschen mit Wohlstandsbauch haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind. Foto: Thinkstock
Diesen statistischen Zusammenhang wies Dr. Sabrina Schlesinger in ihrer Promotion am Beispiel von Leber- und Gallenblasenkrebs nach. Grundlage der Arbeit waren Daten der EPIC- Studie (European prospective investigation into cancer and nutrition). Diese 1992 gestartete europäische Bevölkerungsstudie erforscht die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Lebenssweise, Krebs und anderen Erkrankungen. In Kooperation mit dem Deutschen Studienzentrum der EPIC-Studie, dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam, analysierte die Doktorandin im Exzellenzcluster Entzündungsforschung die Daten von über 360.000 Männern und Frauen, die an der Studie teilgenommen hatten. Von diesen erkrankten 177 an Leberkrebs und 76 an Krebs der Gallenblase.
Statistische Auswertung der Daten
- Adipositas (Fettleibigkeit), definiert als BMI über 30 (siehe unten), erhöht das Risiko für Leber- und Gallenblasenkrebs um mehr als das Doppelte im Vergleich zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Normalgewicht
- unabhängig vom BMI ist auch ein erhöhter Bauchumfang ein Risikofaktor für beide Krebsarten. Personen mit einem erhöhten Taillenumfang (=88 cm bei Frauen und =102 cm bei Männern) haben ein doppelt so hohes Risiko im Vergleich zu solchen mit einem niedrigeren Taillenumfang
- Typ-2-Diabetes erhöht ebenfalls das Risiko für Leber- und Gallenblasenkrebs, wobei Betroffene mit Übergewicht das höchste Krebsrisiko hatten. Über welche Mechanismen Übergewicht oder Typ-2-Diabetes das Risiko für Krebs erhöhen, ist nicht klar. Im Verdacht stehen entzündliche Prozesse im Fettgewebe. Denn dieses ist nicht nur ein Depot für überschüssige Nahrungsenergie, sondern produziert auch entzündungsfördernde Botenstoffe.

Dr. Sabrina Schlesinger Foto: Soulpicture
»Bisher wird ihnen nur geraten: Halten Sie sich an die Empfehlungen für die Krebsprävention«, so Schlesinger. Keineswegs sicher ist, ob das auch für Krebskranke sinnvoll ist. Zumindest was das Körpergewicht angeht, hält die Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin Skepsis für angebracht. Denn die Formel: je schlanker, desto besser, trifft möglicherweise nicht immer zu. Für Darmkrebsüberlebende könnten kleine Pölsterchen vorteilhaft zu sein, wie ein weiterer Teil ihrer Doktorarbeit ergeben hat.
Um herauszufinden, ob Übergewicht einen Einfluss auf das Überleben von Menschen mit Darmkrebs hat, analysierte Schlesinger entsprechende Daten der Biobank PopGen. Über 2.000 Personen mit dieser Diagnose gingen in die Auswertung ein. »Wir fanden Hinweise dafür, dass Übergewicht ein protektiver Faktor war, das heißt, Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Übergewicht hatten im Vergleich zu Normalgewichtigen in diesem Studienzeitraum ein vermindertes Sterberisiko. Die Ergebnisse waren aber nicht statistisch signifikant.« Die gemeinsame Auswertung mit vier weiteren Studien, die diesen Zusammenhang untersuchten, ergab jedoch einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil für Übergewichtige, also Personen mit einen BMI zwischen 25 und 30, nicht aber für Fettleibige (BMI über 30).
Dieses als Adipositas-Paradoxon be zeichnete Phänomen, also die Beobachtung, dass Übergewicht einerseits Risikofaktor für Krebs ist und andererseits bei Krebskranken einen protektiven Effekt haben könnte, wird kontrovers diskutiert. Gegner führen an, dass dies eine Verzerrung sei, die dadurch entstehe, dass die Studienpopulation nicht repräsentativ für die Erkrankten sei. »Möglicherweise zeigen uns diese Ergebnisse auch, dass der BMI nicht das geeiegnete Maß ist, um Übergewicht zu bestimmen. Weitere Parameter der Körperzusammensetzung sind von großem Interesse«, so Schlesinger. Fürsprecher argumentierten, dass eine Krebserkrankung auch eine zehrende Krankheit sei, bei der man an Körpersubstanz verliere. Ein leichtes Polster könne die Überlebenschance verbessern. Und vielleicht werde auch die Therapie dadurch besser vertragen.
Kerstin Nees
Maßeinheiten für die Körperfülle
Der BMI (Body-Mass-Index, deutsch: Körpermasseindex) ist ein Maß dafür, ob das Körpergewicht im Normalbereich liegt. Er berechnet sich nach folgender Formel:
Bei einem BMI zwischen 18,5 und 24,9 kg/m2 liegt das Gewicht im Normalbereich, ab einem BMI von 25 kg/m2 spricht man von Übergewicht. Bei Werten über 30 kg/m2 beginnt Adipositas (Fettleibigkeit). Ein indirektes Maß für das im Bauchraum lokalisierte Fettgewebe ist der Taillenumfang. Ein erhöhter Bauchumfang, bei Frauen von über 88 cm, bei Männern von über 102 cm, gilt als wichtiger Risikofaktor für das Auftreten von Krankheiten. ne
BMI = Körpergewicht (kg) / Körpergröße (m)2
Bei einem BMI zwischen 18,5 und 24,9 kg/m2 liegt das Gewicht im Normalbereich, ab einem BMI von 25 kg/m2 spricht man von Übergewicht. Bei Werten über 30 kg/m2 beginnt Adipositas (Fettleibigkeit). Ein indirektes Maß für das im Bauchraum lokalisierte Fettgewebe ist der Taillenumfang. Ein erhöhter Bauchumfang, bei Frauen von über 88 cm, bei Männern von über 102 cm, gilt als wichtiger Risikofaktor für das Auftreten von Krankheiten. ne
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