Erleuchtete Wissenschaft
Mehr Licht, das war angeblich Goethes letzter Wunsch. Cooleres Licht wollte hingegen eine Gruppe von Kieler Informatikstudenten. Und machte das Unihochhaus zum weltweiten Hingucker.

Immer wieder lenkt das Unihochhaus die Blicke mit besonderen Form und Farbenspielen auf sich. Foto: Maas
»Das geht auch anders«, dachten sich die digitalen Tüftler von der Förde und beschlossen, die universitäre Zentrale am Christian-Albrechts-Platz mit einer LED-Installation – nun ja – ins rechte Licht zu rücken. Zwar kannten sie bereits das ähnlich gestrickte Berliner Projekt »Blinkenlights«, doch das wäre vielleicht gar nicht nötig gewesen, meint Jonas Lutz: »Wer das Hochhaus kennt, kommt fast automatisch auf die Idee, so etwas zu machen.«
Jedenfalls machten er und seine Kommilitonen so etwas. Zunächst dachten sie der Kosten wegen an eine Schwarz-Weiß-Aktion, doch dann ergab sich die Möglichkeit, übers Unijubiläum auf die Farbvariante zu setzen. 30.000 Euro kamen dank des Sponsorings von Haus & Grund Kiel, der Feuer und Flamme Kiel GmbH und der Landeshauptstadt Kiel zusammen. Der wahre Wert der Installation ist aber um ein Mehrfaches höher, weil enorm viele Stunden an ehrenamtlicher Arbeit drinstecken. Allein Hardware-Designer Andreas Boysen verbrachte in den vergangenen Wochen mehrere hundert Stunden damit, die Anlage zu optimieren.
Die Fortschritte zeigen sich tatsächlich mit jeder neuen Beleuchtungsaktion. Waren die farblichen und technischen Möglichkeiten zur Premiere, die im Herbst 2015 den Countdown zum Olympia-Bürgerentscheid auf der Hochhausfassade zeigte, noch eingeschränkt, so geht inzwischen weitaus mehr. »True Colour in Filmgeschwindigkeit«, nennt Andreas Boysen ein Stichwort. Gemeint ist, dass nicht nur mit Rot, Gelb, Blau und Weiß gearbeitet wird, sondern mit allen Farben. Und das so, dass sie sich rasend schnell und zugleich perfekt koordiniert schalten lassen. »Das können nur sehr, sehr wenige, vor allem mit einem so kleinen Budget«, sagt Chris Kulessa erkennbar stolz.
Das Berliner Original haben die Kieler damit weit überholt. Während dort Relais und kilometerweise Kabel verbaut wurden, stecken im »Lighthouse« der Uni 200 per Internet verbundene Netzwerk-Controller, die für ungleich mehr Flexibilität sorgen. Gleichwohl ist das Bessere auch in diesem Fall der Feind des Guten. Zuletzt arbeiteten die Studenten daran, ihr Netzwerk verlässlich gegen den Zugriff Unberechtigter zu schützen, und sie entwickelten Lösungen, um auf vielfachen Wunsch des Publikums Spiele auf die Hochhausfassade zu zaubern. Weltweite mediale Aufmerksamkeit bekamen inzwischen die Spiele-Klassiker Tetris, Breakout, Pong und Snake.

Chris Kulessa, Jonas Lutz, Andreas Boysen und Merlin Kötzing (von links) sowie Jan Winters von der Pressestelle haben als »project lighthouse« beim weltweit größten Demoszene-Festival »Revision« gewonnen. Mit dem Beitrag »LED there be light« erreichten sie den 1. Platz in der Kategorie »Wild Competition«, wo es um Programmierung auf ungewöhnlicher Hardware geht – und das ist ein Hochhaus in jedem Fall. Foto: pur.pur
Kritik an ihren Lichtspielen haben die Informatiker bisher kaum gehört, dafür umso mehr bis zur Begeisterung reichende Zustimmung. Fast noch ein bisschen mehr freuen sie sich jedoch, dass ihr Projekt nun Einzug in die Lehre findet. Merlin Kötzing entwickelt ohnehin in seiner Bachelorarbeit ein Tool, das quasi als »Lighthouse light« derartige Installationen für Schülerinnen und Schüler möglich machen soll. Im einführenden Programmierkurs der Informatik wird außerdem ein Praktikum angeboten, um digitale Drehbücher für neue Effekte zu schreiben. Auch signalisiert die Professorenschaft reges Interesse, dieses Vorzeigeprojekt für die Ausbildung zu nutzen.
Martin Geist
»LED there be light!«
KIELTRIS – Tetris versus Breakout (Lighthouse Style)
Wenn das Hochhaus einen Abend vier Stunden lang in maximaler Helligkeit, also in weiß, leuchtet, verbrauchen die LED-Elemente 56,5 Kilowattstunden Strom und kosten damit etwas mehr als elf Euro. Faktisch wird’s aber allenfalls halb so teuer. Gearbeitet wird stets mit einer Mischung von Farben, und alle anderen verbrauchen erheblich weniger Strom als Weiß. Am günstigsten ist Blau mit gerade mal einem Sechzehntel. Zudem sind die LEDs oft einfach nur schwarz geschaltet und benötigen folglich gar keine Ener-gie. Einleuchtend fand diese Zahlen zur Hochhausbeleuchtung auch das universi-täre Umweltmanagement. Es erteilte dem Projekt ohne Bedenken seinen Segen. (mag)
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