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Nr. 86, 09.04.2016  voriger  Übersicht  weiter  REIHEN  SUCHE 

Erleuchtete Wissenschaft

Mehr Licht, das war angeblich Goethes letzter Wunsch. Cooleres Licht wollte hingegen eine Gruppe von Kieler Informatikstudenten. Und machte das Uni­hochhaus zum weltweiten Hingucker.


Immer wieder lenkt das Unihochhaus die Blicke mit besonderen Form­ und Farbenspielen auf sich. Foto: Maas

Hochhäuser sind recht eckige Emporkömm­linge der Architektur und abgesehen von ihren mehr oder weniger spektakulären Ausmaßen sehr lang­weilig.
»Das geht auch anders«, dachten sich die di­gi­talen Tüftler von der Förde und be­schlossen, die universitäre Zentrale am Christian-Al­brechts-Platz mit einer LED-Installation – nun ja – ins rechte Licht zu rücken. Zwar kannten sie bereits das ähnlich gestrickte Berliner Projekt »Blinkenlights«, doch das wäre viel­leicht gar nicht nötig gewesen, meint Jonas Lutz: »Wer das Hochhaus kennt, kommt fast au­tomatisch auf die Idee, so etwas zu machen.«

Jedenfalls machten er und seine Kommilito­nen so etwas. Zunächst dachten sie der Kos­ten wegen an eine Schwarz-Weiß-Aktion, doch dann ergab sich die Möglichkeit, übers Unijubiläum auf die Farbvariante zu setzen. 30.000 Euro kamen dank des Sponsorings von Haus & Grund Kiel, der Feuer und Flamme Kiel GmbH und der Landeshauptstadt Kiel zusammen. Der wahre Wert der Installation ist aber um ein Mehrfaches höher, weil enorm viele Stunden an ehren­amtlicher Arbeit drinstecken. Allein Hardware-Designer Andreas Boysen verbrachte in den vergangenen Wochen mehrere hundert Stunden damit, die Anlage zu optimieren.

Die Fortschritte zeigen sich tatsächlich mit jeder neuen Beleuchtungsaktion. Waren die farb­lichen und technischen Möglichkeiten zur Premiere, die im Herbst 2015 den Countdown zum Olympia-Bürgerentscheid auf der Hochhausfassade zeigte, noch eingeschränkt, so geht inzwischen weitaus mehr. »True Colour in Filmgeschwindigkeit«, nennt Andreas Boysen ein Stichwort. Gemeint ist, dass nicht nur mit Rot, Gelb, Blau und Weiß gearbeitet wird, sondern mit allen Farben. Und das so, dass sie sich rasend schnell und zugleich perfekt koordiniert schalten lassen. »Das können nur sehr, sehr wenige, vor allem mit einem so kleinen Budget«, sagt Chris Kulessa erkennbar stolz.

Das Berliner Original haben die Kieler damit weit überholt. Während dort Relais und kilometer­weise Kabel verbaut wurden, stecken im »Lighthouse« der Uni 200 per Internet verbundene Netz­werk-Controller, die für ungleich mehr Flexibilität sorgen. Gleichwohl ist das Bessere auch in die­sem Fall der Feind des Guten. Zuletzt arbeiteten die Studenten daran, ihr Netzwerk verlässlich gegen den Zugriff Unberechtigter zu schützen, und sie entwickelten Lösungen, um auf vielfachen Wunsch des Publikums Spiele auf die Hochhausfassade zu zaubern. Weltweite mediale Auf­merksamkeit bekamen inzwischen die Spiele-Klassiker Tetris, Breakout, Pong und Snake.

Chris Kulessa, Jonas Lutz, Andreas Boysen und Merlin Kötzing (von links) sowie Jan Winters von der Pressestelle haben als »project lighthouse« beim weltweit größten Demoszene-Festival »Revision« gewonnen. Mit dem Beitrag »LED there be light« erreichten sie den 1. Platz in der Kategorie »Wild Competition«, wo es um Programmierung auf ungewöhnlicher Hardware geht – und das ist ein Hochhaus in jedem Fall. Foto: pur.pur

Aber auch schon nach dem Auftakt zu Olympia hat das Hochhaus der Uni Kiel immer wieder neue Facetten gezeigt. Zu Weihnachten erstrahlte ein Tannenbaum, Veranstaltungen wie der Uniball und die »Night of the Profs« wurden ebenfalls mit LED-Bildern begleitet, und im Februar erfreute zum Valentinstag ein riesengroßes Herz alle Liebenden.

Kritik an ihren Lichtspielen haben die Informatiker bisher kaum gehört, dafür umso mehr bis zur Begeisterung reichende Zustimmung. Fast noch ein bisschen mehr freuen sie sich jedoch, dass ihr Projekt nun Einzug in die Lehre findet. Merlin Kötzing entwickelt ohnehin in seiner Bachelor­arbeit ein Tool, das quasi als »Lighthouse light« derartige Installationen für Schülerinnen und Schüler möglich machen soll. Im einführenden Programmierkurs der Informatik wird außerdem ein Praktikum angeboten, um digitale Drehbücher für neue Effekte zu schreiben. Auch signali­siert die Professorenschaft reges Interesse, dieses Vorzeigeprojekt für die Ausbildung zu nutzen.

Martin Geist

»LED there be light!«



KIELTRIS – Tetris versus Breakout (Lighthouse Style)


Viel Beleuchtung für wenig Strom
»Was für eine Energieverschwendung!« Mit diesem Vorwurf hatten die Schöpfer des »Light­house« anfangs absolut gerechnet. Doch solche Kritik kam äußerst selten. Und wenn doch, dann auf Basis lückenhafter Information. Tatsächlich geht die Installation ausgesprochen knauserig mit Strom um.

Wenn das Hochhaus einen Abend vier Stunden lang in maximaler Helligkeit, also in weiß, leuchtet, verbrauchen die LED-Elemente 56,5 Kilowattstunden Strom und kosten damit etwas mehr als elf Euro. Faktisch wird’s aber allenfalls halb so teuer. Gearbeitet wird stets mit einer Mischung von Farben, und alle anderen verbrauchen erheblich weniger Strom als Weiß. Am günstigsten ist Blau mit gerade mal einem Sechzehntel. Zudem sind die LEDs oft einfach nur schwarz geschaltet und benötigen folglich gar keine Ener-gie. Einleuchtend fand diese Zahlen zur Hochhausbeleuchtung auch das universi-täre Umweltmanagement. Es erteilte dem Projekt ohne Bedenken seinen Segen. (mag)
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