KLS-Neujahrsempfang: Positive Bilanz der lebenswissenschaftlichen Forschung in Kiel
CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science setzt traditionelle Veranstaltungsreihe im Zoologischen Museum Kiel nach zwei Jahren Unterbrechung fort
Etwa 70 Gäste aus Universität und Kieler Gesellschaft folgten am gestrigen Dienstag, 7. Februar, der Einladung des Forschungsschwerpunkts „Kiel Life Science“ (KLS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und kamen beim Neujahrsempfang 2023 im Zoologischen Museum Kiel zusammen. Nachdem die traditionsreiche Veranstaltung in den vergangenen beiden Jahren eine pandemiebedingte Zwangspause einlegen musste, gelang nun erneut ein anregender Abend rund um die Lebenswissenschaften in Kiel. Zur Einstimmung berichtete der bekannte Sachbuchautor und Schriftsteller Dr. Bernhard Kegel aus seiner Berliner Schreibwerkstatt und schilderte unter dem Motto „Die Natur der Zukunft“ seine jüngsten Buchvorhaben zum Thema Biodiversität im Zeichen des globalen Wandels. Damit setzte er den thematischen Rahmen für die weiteren Diskussionen des Abends, denn auch für KLS ist die rasche Veränderung der Umwelt in der Gegenwart wiederkehrendes Forschungsthema – sei es bei der Untersuchung der abnehmenden Diversität des menschlichen Mikrobioms, der Suche nach evolutionären Strategien gegen die Antibiotikakrise oder der Anpassung von Nutzpflanzen an geänderte Wachstumsbedingungen.
Kiel Life Science-Sprecher Professor Thomas Bosch blickte den Corona-Unterbrechungen zum Trotz auf zwei sehr erfolgreiche Jahre für die Mitglieder des Forschungsschwerpunkts zurück: Gleich mehrere Projekte aus den Kieler Lebenswissenschaften wählte der Europäische Forschungsrat (ERC) zur Förderung aus. Die CAU-Professorinnen Tal Dagan und Eva Stukenbrock erhielten jeweils einen mit zwei Millionen Euro dotieren ERC-Consolidator Grant. Stukenbrock kann damit in den kommenden fünf Jahren erforschen, wie Nutzpflanzen auf molekularer Ebene von Pilzinfektionen beeinflusst werden, um daraus wertvolle Erkenntnisse für den nachhaltigen Pflanzenschutz abzuleiten. Dagan erhält die Förderung, um ein neues, einheitliches Konzept der molekularen und genomischen Evolution der Plasmide zu schaffen. Die Erforschung dieser Zusammenhänge spielt eine wichtige Rolle für ein besseres Verständnis der Evolution von Prokaryoten, zu denen auch viele bakterielle Krankheitserreger zählen. Bereits vor einigen Monaten erhielt Professorin Petra Bacher einen ERC-Starting Grant, um die Interaktionen zwischen Immunsystem und Mikrobiom und deren Störung im Falle von chronischen Entzündungskrankheiten detailliert aufzuklären. 2022 wurde zudem die Zoologin und Meeresbiologin Olivia Roth zur Professorin am Zoologischen Institut der CAU berufen und ergänzt damit den Kreis erfolgreicher Wissenschaftlerinnen in den Kieler Lebenswissenschaften.
Ebenfalls im vergangenen Jahr ernannte die Max-Planck-Gesellschaft den Kieler Evolutionsbiologen Professor Hinrich Schulenburg nach 2017 ein weiteres Mal für fünf Jahre zum Fellow am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön. Damit würdigte die Gesellschaft seine wissenschaftlichen Erfolge und seine intensiven Bestrebungen um die Weiterentwicklung des Kieler Raums zum evolutionswissenschaftlichen Spitzenforschungsstandort. Unter dem Begriff „Evolutionary Rescue“ zeigten die Forschenden im Kiel Evolution Center 2022 zudem die Richtung ihrer künftigen Forschungsausrichtung auf, die auf die Entwicklung evolutionsbiologischer Strategien abzielt, um die menschliche Gesundheit zu fördern, die biologische Vielfalt zu erhalten und die Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion in einer sich global verändernden Welt zu gewährleisten.
Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Weiterentwicklung im lebenswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt bildet das „Global Microbiome Conservancy“-Projekt, das Dr. Mathilde Poyet und Professor Mathieu Groussin 2022 mit an die CAU brachten. Beide arbeiten künftig daran, dem anhaltenden Verlust der mikrobiellen Vielfalt des menschlichen Darmmikrobioms entgegenzuwirken, indem sie eine Vielzahl menschlicher Bakterienproben weltweit sammeln und konservieren. Die dabei in Kiel entstehende Biobank enthält wichtige Ressourcen, um dringende wissenschaftliche Fragen zum Zusammenhang von menschlichem Mikrobiom und der Erhaltung der Gesundheit zu klären. Im achten Jahr erforscht zudem der Sonderforschungsbereich 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorgansimen“, warum und wie mikrobielle Gemeinschaften langfristigen Verbindungen mit ihren Wirtsorganismen eingehen und welche funktionellen Konsequenzen diese Wechselwirkungen für Gesundheit und Krankheit haben. Dieser DFG-geförderte Großforschungsverbund an der CAU hat beste Chancen, ab dem kommenden Jahr in einer dritten und letzten Förderphase sein in Deutschland einzigartiges Forschungsprogramm erfolgreich zu Ende zu führen.
Diese und viele weitere Erfolge sind das Verdienst der rund 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter dem Dach von KLS, die mit ihrer exzellenten Arbeit die Zukunft der lebenswissenschaftlichen Spitzenforschung an der CAU sichern. „Ich möchte meinen engagierten Kolleginnen und Kollegen bei dieser Gelegenheit für ihre hervorragenden Leistungen danken. Gemeinsam richten wir nun den Blick nach vorn und arbeiten daran, das Profil der lebenswissenschaftlichen Spitzenforschung in Kiel im internationalen Wettbewerb weiter zu schärfen“, betont KLS-Sprecher Bosch. Dabei spiele nicht zuletzt die Interdisziplinarität eine wichtige Rolle, die KLS mit einer vertieften Zusammenarbeit mit den anderen Wissenschaftsgebieten und Forschungsschwerpunkten der CAU weiter intensivieren werde, so Bosch.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Thomas Bosch
Sprecher Forschungsschwerpunkt
Kiel Life Science, CAU
0431-880-4170
tbosch@zoologie.uni-kiel.de
Gastredner Dr. Bernhard Kegel berichtete von seinen jüngsten Buchvorhaben zum Thema Biodiversität im Zeichen des globalen Wandels.
Zur Person:
Dr. Bernhard Kegel, geboren 1953 in Berlin, ist ein deutscher Schriftsteller. Der studierte Chemiker und Biologe arbeitete zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin. Seit 1996 ist er hauptberuflicher Schriftsteller, der naturwissenschaftliche Sachbücher und Romane mit naturwissenschaftlichem Hintergrund veröffentlicht. Während seiner schriftstellerischen Laufbahn wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Inge und Werner Grüter-Preis für Wissenschaftspublizistik. Nach seinen Büchern zur Epigenetik und der Bedeutung von Mikroorganismen für das vielzellige Leben widmete sich Kegel in jüngster Zeit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität. Zuletzt veröffentlichte er das Sachbuch „Ausgestorbene Tiere“ im Jahr 2021.
www.bernhardkegel.de
Weitere Informationen:
Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science, CAU:
www.kls.uni-kiel.de
Über Kiel Life Science (KLS)
Das interdisziplinäre Zentrum für angewandte Lebenswissenschaften – Kiel Life Science“(KLS) – vernetzt an der CAU Forschungen aus den Agrar- und Ernährungswissenschaften, den Naturwissenschaften und der Medizin. Es bildet einen von vier Forschungsschwerpunkten an der Universität Kiel und will die zellulären und molekularen Prozesse besser verstehen, mit denen Lebewesen auf Umwelteinflüsse reagieren. Im Mittelpunkt der Forschung stehen Fragen, wie sich landwirtschaftliche Nutzpflanzen an spezielle Wachstumsbedingungen anpassen oder wie im Zusammenspiel von Genen, dem individuellen Lebensstil und Umweltfaktoren Krankheiten entstehen können. Gesundheit wird dabei immer ganzheitlich im Kontext der Evolution betrachtet. Unter dem Dach des Forschungsschwerpunkts sind derzeit rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 40 Instituten und sechs Fakultäten der CAU als Vollmitglieder versammelt.
Pressekontakt:
Christian Urban
Wissenschaftskommunikation
„Kiel Life Science", CAU
0431-880-1974
curban@uv.uni-kiel.de