Humboldt-Stipendiatinnen und -Stipendiaten sowie -Gastforschende an der Uni Kiel 2023
Herausragend qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler individuell zu fördern sowie zukünftigen Führungskräften aus wissenschaftsnahen Bereichen ein Exzellenznetzwerk zu schaffen – das sind die Aufgaben der Alexander von Humboldt-Stiftung. Das so entstehende Humboldt-Netzwerk verbindet Leistungseliten weltweit untereinander und mit Deutschland. Es stärkt damit die Internationalisierung der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft sowie die deutsche Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik über den Bereich der Wissenschaftskooperation hinaus.
Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist Teil dieses Netzwerks und bietet Gastforschenden aus aller Welt einen Platz in Kiel. Im Folgenden werden die diesjährigen Stipendiatinnen und Stipendiaten der Humboldt-Stiftung an der Kieler Universität laufend vorgestellt.

Prof. Dr. Violeta Radovich.
Regulierung der nachhaltigen Meeresnutzung
Professorin Violeta Radovich forscht seit April an der Universität Kiel zu rechtlichen Fragen der Erzeugung erneuerbarer Energie auf Hoher See. „Ziel ist es, die Umweltregulierung und Governance von Plattformen für erneuerbare Energien auf hoher See zu untersuchen, die Ähnlichkeiten und Synergien zum Regime des Tiefseebergbaus in diesem Gebiet zu analysieren und Empfehlungen zur Verbesserung der Regulierung zu geben“, erklärt die Professorin für Meeresumweltrecht aus Argentinien und betont: „Ich werde davon profitieren, mit Forschenden der Kieler Meereswissenschaften an der Universität und anderen Einrichtungen und Initiativen in Kontakt zu treten. Ihre Gastgeberin Professorin Nele Matz-Lück freut sich über die Verstärkung für ihr Team: „Es ist eine besondere Freude, dass Violeta Radovich mit ihrer Forschung eines der renommierten Climate Change Fellowships an das Walther-Schücking-Institut gebracht hat. Sie leistet mit ihrer Forschung einen wichtigen Beitrag zur Governance der weltweiten Transformation der Energieerzeugung. Das Seerecht und seine Bezüge zum Klimawandel stellen einen Schwerpunkt der Arbeitsgruppe dar, zu dem das Projekt auf hervorragende Weise beiträgt.“
Dr. Violeta Radovich ist Klimaschutz-Stipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung an der Universität Kiel, Wissenschaftlerin am CONICET (Argentine Council of Technical and Scientific Research) und der Universität von Buenos Aires sowie Professorin für Meeresumweltrecht an der UNDEF (Universidad Nacional de la Defensa), Buenos Aires, Argentinien.
Reine Mathematik in Geometrie und Analysis
Professor Gaven Martin aus Neuseeland zählt zu den angesehensten Wissenschaftlern im Bereich der reinen Mathematik. Im Oktober erhielt er den Humboldt-Forschungspreis für seine Forschungen unter anderem in den Bereichen geometrische Analysis sowie komplexe Analysis und Geometrie. Professor Walter Bergweiler vom Mathematischen Seminar der Universität Kiel hat seinen Kollegen für den Preis nominiert und wird einige Monate mit ihm zusammenarbeiten. „Gaven Martin hat in der Geometrie und Analysis bahnbrechende Ergebnisse zu ganz unterschiedlichen Themen erzielt. Dementsprechend gilt er auch als einer der international führenden Forscher auf diesen Gebieten“, betont Bergweiler. Während Professor Martins Forschungsaufenthaltes in Kiel wollen sie gemeinsam ein Programm initiieren, um die Geometrie von Modulräumen mit Hilfe eines neuartigen dynamischen Ansatzes zu untersuchen. „Diese Räume beschreiben im Wesentlichen die Form und die Geometrie von Oberflächen, die elastischen Verformungen unterliegen, sowie die zugrunde liegende Geometrie der Gebiete, die diese Oberflächen begrenzen. Wir hoffen, mit dem neuen Ansatz viele bekannte und derzeit äußerst schwierig zu zeigende Sachverhalte zu vereinfachen“, erklärt Gaven Martin.
Dr. Gaven J. Martin ist Professor für Mathematik an der Massey University Auckland, Neuseeland, und Direktor des New Zealand Mathematics Research Institute. Er erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen für seine Arbeit, zuletzt den renommierten Humboldt-Forschungspreis.
Nanomaterialien nach biologischem Vorbild
„Als führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Materialmechanik genießt Dr. Pugno internationale Anerkennung. Er zählt zu den angesehensten und relevantesten Forschern in den Bereichen Bionik, Nanomechanik und bioinspirierte Materialien“, betont der Kieler Materialwissenschaftler Professor Rainer Adelung, der seinen italienischen Kollegen für den Humboldt-Forschungspreis nominiert hat. Nicola Pugno, der sowohl Maschinenbau, Theoretische Physik, Mechanik als auch Biologie studiert hat, erhielt diese Auszeichnung. Diese ist mit einem Forschungsaufenthalt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) verbunden. Gemeinsam mit Adelung, der die Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien leitet, wird der Humboldt-Preisträger an den leichtesten Strukturmaterialien der Welt, wie zum Beispiel Aerographit, arbeiten, zu dem sie bereits wichtige Ergebnisse erzielt haben. „Ich freue mich sehr darüber, dass wir unsere Zusammenarbeit zu dieser vielseitig einsetzbaren Materialklasse weiter vertiefen können“, sagt Pugno.
Nicola Pugno ist Professor für Festkörper- und Strukturmechanik an der Universität Trient, Italien, Professor für Materialwissenschaften an der Queen Mary University of London (Teilzeit), England, sowie Gastprofessor an der Universität von Oxford, England. Der führende Wissenschaftler auf dem Gebiet der Materialmechanik erhielt 2022 einen Humboldt Forschungspreis und forscht mehrere Monate an der CAU.
Rechtlicher Rahmen für autonome Schifffahrt
Dr. Richard W.W. Xing forscht zur Regulierung der Anforderungen an die autonome Schifffahrt. "Ich möchte die Umweltbelange der maritimen autonomen Oberflächenschiffe (MASS) im Rahmen der mehrstufigen Vorschriften einschließlich des deutschen und EU-Rechts klären. Neue Risiken für MASS können unter anderem aus Softwarefehlern und Cyberangriffen, IT-Problemen, Piraten oder Unfällen entstehen. Diese Risiken stellen neue Herausforderungen für die Regulierung der Schifffahrt dar“, erklärt der Jurist aus China. Ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglicht es ihm, für zwei Jahre am Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht der Universität Kiel zu forschen. Seit Februar ist er Gastwissenschaftler in der Gruppe von Professorin Nele Matz-Lück. „Seine Forschung ist nicht nur für die Arbeitsgruppe am Institut, sondern auch für den interdisziplinären Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science anschlussfähig und von großer Relevanz“, betont die die Seerechtsexpertin. Denn, so Matz-Lück: „es bedarf eines rechtlichen Rahmens, um aus der neuen Technologie resultierende Risiken für die Meeresumwelt zu minimieren und den Ozean vor Verschmutzung durch autonom navigierende Schiffe zu schützen.“
Dr. Richard W.W. Xing ist Humboldt-Forschungsstipendiat an der Universität Kiel und Associate Professor an der Xiamen University, China. Er war Postdoktorand an der Hong Kong Polytechnic University und an der Shanghai University of Finance and Economics.

Schnelltest für Antibiotikaresistenzen
Dr. Elham Ghazizadeh möchte Biosensoren zum Nachweis antimikrobiell resistenter Krankheitserreger entwickeln. Grundlage der DNA-Sensoren sollen neuartige Fasern sein, die durch sogenannte Elektrospinnen hergestellt werden. Damit lassen sich gewünschte elektrochemische Eigenschaften einstellen. „Derzeit sind sehr zeit- und kostenintensive Techniken erforderlich, um Erreger nachzuweisen, die gegen antimikrobielle Medikamente zum Beispiel Antibiotika resistent sind. Ich möchte mittels intelligenter biokompatibler Nanomaterialien ein Testverfahren entwerfen, das in Klinik und Praxis ohne besondere Vorkenntnisse angewandt werden kann“, erklärt Ghazizadeh. Ihr Vorhaben kann sie dank eines Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung am Institut für Materialwissenschaften nun umsetzen. Seit Februar ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe Bioinspirierte Materialien und Biosensortechnologien. „Elham ist ausgebildete Molekularbiologin und gleichzeitig sehr interessiert an Biosensortechnologien und medizinischer Diagnostik. Deshalb habe ich sie bei ihrem Wunschprojekt unterstützt, bei dem sie ihre Kenntnisse in der Biosensorik vertiefen und neue Forschungsinhalte kennenlernen möchte“, erklärt Professorin Zeynep Altintas, die Leiterin der Arbeitsgruppe Biomaterialien.
Dr. Elham Ghazizadeh. Seit Februar 2023 Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 2020 Promotion in Medical Biotechnology an der Mashhad University of Medical Sciences, Iran.