Uni Kiel ehrt herausragende Dissertationen und Abschlussarbeiten

Feierstunde für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Am Donnerstag, 25. Mai, ehrte die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) die besten Dissertationen und Abschlussarbeiten aus dem Jahr 2022. CAU-Präsidentin Professorin Simone Fulda und Vizepräsident Professor Ralph Schneider gratulierten den 14 Preistragenden, die ihre ausgezeichneten Arbeiten vorstellten. Gemeinsam mit den Betreuerinnen und Betreuern, den Dekanen, Familien und Freunden wurde der feierliche Moment in der Kunsthalle der Universität begangen.

„Heute dreht sich alles um Sie. Wir sind stolz darauf, Ihre Alma Mater für Ihre Forschungen gewesen zu sein! Mit Ihren herausragenden Leistungen sind Sie leuchtende Beispiele für den Erkenntnisgewinn durch Wissenschaft, der unverzichtbare Basis für den Umgang mit vergangenen, aktuellen und zukünftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft ist“, eröffnete CAU-Präsidentin Professorin Simone Fulda die Zeremonie zur Verleihung der Fakultätspreise.

Anschließend überreichte Professor Ralph Schneider, Vizepräsident für Internationales, Nachwuchs, Gleichstellung und Diversität, vier Sonderpreise. Die Genderforschungspreise für hervorragende Doktor- und Masterarbeiten mit Bezug zu Geschlechterfragen sowie die Aenne-Liebreich Preise für ausgezeichnete Leistungen in der Diversitätsforschung.

Die Preise für Dissertationen sind mit jeweils 1.000 Euro, Auszeichnungen für Masterarbeiten mit je 500 Euro dotiert.

Während der Veranstaltung wurde auch Professorin Nele Matz-Lück aus dem Amt der Vizepräsidentin für Internationales, Nachwuchs, Gleichstellung und Diversität verabschiedet. Sie legte ihr Amt aus gesundheitlichen Gründen zum 31. Januar 2023 nieder. Präsidentin Simone Fulda: „Wir danken Nele Matz-Lück für ihre großartige Arbeit im Präsidium und die vielen wichtigen Themen, die sie mit herausragendem Engagement, hoher Sachkompetenz und viel Empathie bewegt hat. Wir freuen uns, dass uns Nele Matz-Lück weiterhin als exzellente Wissenschaftlerin und Kollegin erhalten bleibt“.

Fotostrecke:

Preise der Uni Kiel 2023
Gruppenbild
© Christina Kloodt, Uni Kiel

Die Preisträgerinnen und Preisträger der Fakultäts-, Genderforschungs- und Aenne-Liebreich-Preise mit Präsidentin Simone Fulda und Vizepräsident Ralph Schneider.

Zwei Frauen mit einem Blumengesteck
© Christina Kloodt, Uni Kiel

Während der Veranstaltung verabschiedete Simone Fulda (rechts) Nele Matz-Lück aus dem Amt der Vizepräsidentin für Internationales, Nachwuchs, Gleichstellung und Diversität.

Über die Preisträgerinnen und Preisträger:

Theologische Fakultät

Portrait von Christiane Nagel
© Christian Laudan

Dr. theol. Christiane Nagel

„Disziplin(en) diskursiv denken. Religionswissenschaft und Theologie. Ein Abgrenzungsversuch anhand ihrer unterschiedlichen Fragestellungen“

Religionswissenschaft und Theologie haben eine schwierige Beziehung. Zwar sind sie eng miteinander verwoben – sowohl in ihren Fachgeschichten, als auch durch den geteilten Gegenstand der Religionen und gemeinsamen geistes- und kulturwissenschaftlichen Methodenkanon. Mehr als strittig ist aber, was sie unterscheidet. Bis heute ist ihr Verhältnis geprägt vom gegenseitigen Absprechen der wissenschaftlichen Daseinsberechtigung – weil hier die Unabhängigkeit der einen, dort die Wissenschaftlichkeit der anderen nicht anerkannt wird. Für Gesellschaft ist das ein Problem, denn sie braucht verlässliche Wissenschaft. Und kein Wissenschaftssystem ist vollständig ohne Fächer, die Religionen erforschen. Diese Arbeit durchdenkt diskurstheoretisch die Eigenständigkeit der beiden Disziplinen – gerade angesichts ihrer engen Verwobenheit.

Rechtswissenschaftliche Fakultät

Portrait von Paul Lemmen
© Blendfabrik, Jens Howorka

Dr. Paul Lemmen

„Die Bedeutung der EU-Grundrechtecharta für das nationale Steuerrecht – eine Untersuchung am Beispiel des unionsrechtlichen allgemeinen Gleichheitssatzes“

In jüngerer Zeit ist eine Tendenz dahin erkennbar, dass belastende steuerrechtliche Regelungen auf EU-Ebene anstatt, wie bisher, auf nationaler Ebene erlassen werden. Eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher belastender Regelungen am Maßstab nationaler Verfassungen verbietet sich daher. Es droht ein grundrechtsfreier Raum. Meine Untersuchung widmet sich vor diesem Hintergrund gleichheitsgrundrechtlichen Kernfragen der Steuergerechtigkeit im Unionsrecht. Dabei zeigt sich, dass das Desiderat steuerverfassungsrechtlicher Gerechtigkeitsverbürgungen auf Unionsebene unter Heranziehung mitgliedstaatlicher Verfassungstraditionen im Wege eines wertenden Rechtsvergleichs gefüllt werden kann. Hierbei gilt es, nationale Gerechtigkeitspostulate so fruchtbar zu machen und fortzubilden, dass sich diese in die Werte, Aufgaben und Ziele der Union einfügen.

Medizinische Fakultät

Portrait von Lydia Koch
© Studioline

Dr. med. Lydia Friederike Koch

„Proteolyse des Interleukin-11-Rezeptors durch die Protease RHBDL2“

Der Botenstoff Interleukin-11 beeinflusst vielfältige physiologische und pathophysiologische Prozesse wie Blutbildung, Geweberegeneration, Knochenbildung, Entzündung, Fibrose und Krebsentstehung. Beim klassischen Signalweg aktiviert Interleukin-11 seine Zielzellen über einen in der Zellmembran verankerten Interleukin-11-Rezeptor. Von diesem Rezeptor existiert außerdem auch eine lösliche Form, deren Entstehung und Funktion weitgehend unerforscht ist. Dieser sogenannten Trans-Signalweg wird durch die Abspaltung des Interleukin-11-Rezeptors von Zellen durch spezialisierte Enzyme, sogenannte Proteasen, ausgelöst. In meiner Arbeit habe ich mit RHBDL2 eine neue Protease des Interleukin-11-Rezeptors identifiziert und die verwendete Spaltstelle molekular charakterisiert. Hierdurch ergeben sich neue Ansatzpunkte, um spezifische Hemmstoffe des Interleukin-11-Trans-Signalwegs in der Zukunft entwickeln zu können.

Philosophische Fakultät

Portrait von Fabian Fedder
© Julia Fedder

Fabian Fedder

„Quintilians Institutio oratoria Buch VII. Einleitung, Text und Kommentar“

Das Ziel der Arbeit bestand darin, das 7. Buch von Quintilians Institutio oratoria dem Leser durch einen Kommentar verständlich zu machen. Die Untersuchung ist in drei Hauptteile gegliedert: (1.) Die Einleitung bietet Erklärungen zu den Hauptthemen der divisio (systematische Gliederung mithilfe von Fragen), sowie der Statuslehre (Einteilung dieser Fragen in Kategorien). (2.) Die Textausgabe stellt die Grundlage für den (3.) kommentierten Text dar. Die Untersuchungen brachten u.a. neue Erkenntnisse zum Verständnis der Deklamationen, wie die Deutung zur Androhung in vincula conicere. Darüber hinaus zeigten sie, dass Quintilian keineswegs die Oberflächenstruktur, sondern die argumentative Tiefenstruktur der Rede im 7. Buch behandelt.

Portrait von Raphael Rössel
© privat

Dr. Raphael Simon Rössel

„‘Behinderte‘ Familien? Aufgabenverteilung und Rollenzuweisungen im Alltag westdeutscher Familien mit behinderten Kindern zwischen 1945 und den 1980er Jahren“

Wer leistet Sorge- und Pflegearbeit an Heranwachsenden mit Behinderungen? Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich mich mit innerfamiliären Rollenzuweisungen und geschlechtsspezifischen Aufgabenverteilungen in westdeutschen Familien mit behinderten Kindern zwischen 1945 und den 1980er Jahren auseinandergesetzt. Meine Studie stützt sich vor allem auf Selbstzeugnisse behinderter Menschen und der sie pflegenden Angehörigen, insbesondere auf Tagebücher und Briefwechsel mit Behörden und Vereinen. Als Ergebnis konnte meine Dissertationsschrift unter anderem zeigen, dass die Kinderpflege in diesen Familien nochmals stärker und länger unhinterfragt Frauen zugewiesen wurde, als es in Haushalten mit nichtbehinderten Kindern der Fall war.

Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät

Portrait von Till Rose
© privat

Dr. Till Rose

„The Contribution of Functional Traits to the Breeding Progress of Central European Winter Wheat“

Nach einem schnellen und anhaltenden Anstieg der weltweiten Weizenerträge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es in den Hochertragsregionen in den letzten Jahren zu keinem weiteren Fortschritt. Dieser wäre für die wachsende Nachfrage aber dringend erforderlich. Ob diese Stagnation durch ausgeschöpfte Potenziale in der Pflanzenzüchtung eingetreten ist, wie stark der Beitrag der Züchtung in der Vergangenheit überhaupt war und welche Mechanismen eigentlich durch stetig wiederholte Kreuzung und Selektion in der Züchtung verändert wurden, sind die Fragen meiner Doktorarbeit. Hierfür standen Hunderte Sorten der vergangenen 50 Jahre gleichzeitig im Feld und drohnengestützte Sensorik ermöglichte die detaillierte Beschreibung des Pflanzenwachstums.

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

Portrait von Birke Weber
© Studioline

Dr. Birke Johanna Weber

„Der Übergang von der Schule zur Hochschule. Ansätze zur Minderung von Diskontinuitätserfahrungen in der Studieneingangsphase mathematischer Studiengänge“

Viele Studierende mathematischer Studiengänge zeigen aufgrund des differierenden Charakters von Schul- und Hochschulmathematik Schwierigkeiten, die am Übergang Schule–Hochschule benötigten mathematischen Lernvoraussetzungen zu erfüllen. Lehramtsstudierende der Mathematik sehen sich zusätzlich mit dem Problem konfrontiert, dass sie weder am Übergang in die Hochschule noch später beim Eintritt in den Schuldienst Schul- und Hochschulmathematik miteinander in Verbindung bringen können, obgleich dies für ihren angestrebten Beruf bedeutsam wäre. Vor diesem Hintergrund fokussiert die Doktorarbeit Diskontinuitätserfahrungen zwischen Schul- und Hochschulmathematik und evaluiert Ansätze zu ihrer Minderung. Eine besondere Berücksichtigung findet das gymnasiale Lehramtsstudium Mathematik. Untersucht wird, inwiefern hier ein stärkerer Berufsbezug in fachmathematischen Lehrveranstaltungen Diskontinuitätserfahrungen auf affektiver sowie kognitiver Ebene abmildern kann.

Portrait von Mahmoud Mohamed
© privat

Dr. Mahmoud Zakaria Moustafa Mohamed

„In vitro and in planta studies of pyrrolizidine alkaloid biosynthesis“

Alkaloide sind eine bedeutende Gruppe pflanzlicher Naturstoffe, die von verschiedenen Pflanzen im Rahmen ihrer Verteidigung gegen Pflanzenfresser produziert werden. Die giftigen Pyrrolizidin-Alkaloide (PAs) sind beispielsweise als Lebergifte bekannt, die nicht nur bei Weidetieren, die diese alkaloid-haltigen Pflanzen fressen, zu Problemen führen, sondern auch beim Menschen, der durch Kontamination von pflanzlichen Arzneiprodukten oder Nahrungsmitteln mit diesen Alkaloiden in Berührung kommt. Daher ist ein Verständnis des Syntheseweges dieser Naturstoffe in der Pflanze wichtig, um die Giftigkeit der sie produzierenden Pflanzen manipulieren und die Evolution dieses Biosyntheseweges untersuchen zu können. Die im Rahmen dieser Arbeit etablierten Methoden sowie die erhaltenen Daten aus verschiedenen Modellpflanzen erlauben ein tieferes Verständnis dieses wichtigen Stoffwechselweges in der Pflanze einschließlich seiner Regulation.

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät

Portrait von Arne Heinold
© BVLe.V.

Dr. Arne Heinold

„Emission-oriented management of land-based freight transportation“

In meiner Dissertation habe ich mich damit beschäftigt, wie Logistikunternehmen Treibhausgasemissionen von Transporten transparent für Verbraucher darstellen können. Dazu habe ich eine standardisierte Skala für ein Öko-Label entwickelt, aus welcher sich die Emissionsmengen intuitiv durch Farben ablesen lassen (grün=gering über gelb und orange bis rot=hoch). Für den Transport von Sendungen könnten Öko-Label genutzt werden, um Umweltpräferenzen von Kunden zu berücksichtigen oder zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteils durch das Ausweisen besonders emissionsarmer Transportsysteme. Darüber hinaus habe ich in meiner Dissertation die Auswirkungen von Öko-Labels in operativen Transportentscheidungen experimentell untersucht. Hier konnte ich unter anderem zeigen, dass Öko-Labels ungewollte Effekte bewirken können, beispielsweise durch Freiheitsgrade bei der Umlegung der Emissionsmengen auf einzelne Sendungen. Für die Untersuchungen in meiner Dissertation habe ich mit computergestützten Simulationssystemen, mathematischer Optimierung und maschinellem Lernen gearbeitet.

Technische Fakultät

Portrait von Eric Elzenheimer
© privat

Dr.-Ing. Eric Karl Elzenheimer

„Analyse stimulationsevozierter Muskel- und Nervensignale mithilfe elektrischer und magnetischer Sensorik“

In dieser Dissertation kommen erstmals Methoden der digitalen Signalverarbeitung und Systemtheorie zum Einsatz, um systemische Erkrankungen peripherer Nerven (Polyneuropathien) besser diagnostizieren zu können. Die Arbeit beinhaltet außerdem die Entwicklung eines Signalmodells, das die Simulation (patho-)physiologischer Vorgänge ermöglicht, die mit Polyneuropathien einhergehen. Darüber hinaus könnten leistungsstarke, nicht kyrogene Magnetfeldsensoren, die Elektroneurografie um zusätzliche Signalinformationen bereichern. Die magnetoelektrischen (ME) Sensoren, die derzeit an der CAU erforscht werden, stoßen im Bereich der Polyneuropathie-Diagnostik an technologische Grenzen. Dabei offenbaren Pilotmessungen im Rahmen dieser Arbeit ebenso das Potenzial dieser Magnetfeldsensoren für Anwendungen im kardiovaskulären Bereich. Die Ergebnisse dieser interdisziplinären Dissertation bilden die Grundlage, um die Differenzialdiagnostik im Bereich der Polyneuropathien zu optimieren.

Genderforschungspreis

Der Genderforschungspreis wird an der CAU seit 2010 an herausragende Dissertationen und Abschlussarbeiten mit einem Bezug zur Genderforschung verliehen. Antragsberechtigt sind Wissenschaftler*innen aller Fakultäten, die Entscheidung über den Preis fällt der zentrale Gleichstellungsausschuss des Senats.

Portrait von Martin Sarnow
© Tade Rücker

Dissertation

Dr. Martin Sarnow

„Die Produktion urbaner Räume in einer verstetigten Krise. Austerität, die Rekonfiguration der sozialen Reproduktion und munizipalistische Alternativen in Barcelona“

Ausgehend von einer dauerhaften Wohnraumkrise in Barcelona setzt sich die Arbeit aus einer raumsensiblen materialistischen Perspektive theoretisch und empirisch mit der Vergeschlechtlichung der sozialen Reproduktion auseinander und untersucht, wie die Folgen multipler Krisen überproportional stark auf den Alltag von Frauen wirken. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass Frauen aus strukturellen Gründen überhäufig von Wohnungsnot und Zwangsräumungen betroffen sind. Gleichzeitig werden Kämpfe um Räume der Reproduktion zu Ausgangspunkten eines kollektiven und feminisierten Widerstands. Versuche neuer munizipalistischer Akteure auf der lokalstaatlichen Ebene eine demokratischere und feministischere Stadtpolitik durchzusetzen, werden durch strategische und räumliche Selektivitäten geblockt, die neoliberale, hegemonial männliche und nationale Politiken bevorzugen.

Portrait von Lauran Erichsen
© privat

Masterarbeit

Laura Ann Erichsen

„Weibliche Genitalverstümmelung in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Analyse des völker- und europarechtlichen Rahmens und seiner Umsetzung“

Nach der Definition der WHO handelt es sich bei weiblicher Genitalverstümmelung (female genital mutilation, FGM) um Eingriffe, die die teilweise oder vollständige Entfernung äußerer weiblicher Genitalien oder eine andere Verletzung der weiblichen Genitalorgane aus nichtmedizinischen Gründen beinhalten. Von dieser Praxis sind weltweit etwa 200 Millionen Frauen und Mädchen betroffen, jedes Jahr kommen zwei Millionen neue Fälle hinzu. FGM ist als kulturelle Tradition und soziale Norm aufzufassen, die mit einer Vielzahl von Überzeugungen verbunden ist. Unabhängig von der individuellen Motivation spiegelt die Praxis eine tief verwurzelte Geschlechterungleichheit wider. Viele der physischen wie psychischen Auswirkungen haben erhebliche Auswirkungen auf das Leben von Frauen und Mädchen. Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Betroffenen und Gefährdeten stetig zu. Vor diesem Hintergrund habe ich in meiner Arbeit zunächst die Verpflichtungen und Anforderungen aufgestellt, die der Bundesrepublik durch internationales und europäisches Recht in Bezug auf den rechtlichen und politischen Umgang mit FGM auferlegt werden. Daran gemessen habe ich die umgesetzten Maßnahmen kategorisiert und überprüft, ob und inwieweit sie dem verbindlichen und empfohlenen Mindestmaß entsprechen. Die Ergebnisse zeigen, dass Politik, Justiz und Gesundheitssystem der Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verhinderung von FGM bei Frauen und Mädchen zu etablieren, nicht nur durch rechtliche Schritte angemessen Rechnung getragen haben. Inwieweit die praktische Umsetzung der einzelnen politischen Maßnahmen hinreichend zur Beseitigung der Praxis, Prävention und Opferhilfe beiträgt und die jeweiligen Zielgruppen überhaupt erreicht, bietet allerdings noch ausreichend Anknüpfungspunkte für weiterleitende Fragestellungen.

Aenne-Liebreich-Preis

Der Aenne-Liebreich-Preis für Diversitätsforschung wird seit 2019 an der CAU vergeben. Er erinnert an das Leben von Aenne Liebreich und an ihre Zugehörigkeit zur Universität. Dr. Aenne Liebreich arbeitete von 1927 bis 1933 als außerplanmäßige Assistentin am Kunsthistorischen Institut in Kiel. Sie gehörte zu den vertriebenen Wissenschaftler*innen, die Opfer der rassistischen und antidemokratischen Politik des Nationalsozialismus wurden. Der Preis fördert die Sichtbarmachung und Anerkennung von Vielfalt an der Uni Kiel und ist eine Maßnahme aus dem Audit „Vielfalt gestalten“. Gefördert werden Abschlussarbeiten mit Themen, die einen Bezug zu Fragen gesellschaftlicher Vielfalt und/oder sozialer Gerechtigkeit aufweisen.

Portrait von Johanna Scholz
© Uni Kiel

Dissertation

Dr. Johanna Scholz

„Gender Aspects of Agricultural Productivity, Technical Efficiency, and Technology: Empirical Evidence from Tanzania“

Ein häufiges agrarökonomisches Argument für Geschlechtergleichheit im Zugang zu Produktionsmittel in Subsahara-Afrika lautet, dass Landwirtinnen damit ähnlich hohe Erträge wie Landwirte erzielen und infolgedessen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit beitragen müssten. Qualitative Kritik an diesem Ansatz, der gesellschaftliche Unterschiede ausblendet, wurde von der quantitativen Forschung meist ignoriert. Anhand von Daten aus Tansania wurden einige Kritikpunkte statistisch aufgegriffen und u.a. erläutert, inwiefern die bisherige Aufteilung der beobachteten Produktivitätsunterschiede in Ausstattungs- und strukturelle Unterschiede vom Anteil der Landwirtinnen an der Stichprobe abhängt. Zudem wurde überprüft, ob Landwirtinnen und Landwirten in Tansania auf ähnlichen Effizienz- und Technologieniveaus arbeiten, sowie etwaige  Unterschiede analysiert.

Portrait von Lisa Metzger
© Jolan Kieschke

Masterarbeit

Lisa Metzger

„Klassismus und Intersektionalität – Erfahrungen der eigenen Klassenzugehörigkeit von Studierenden im akademischen Kontext“

Die Masterarbeit setzt sich mit dem Konzept ‚Klassismus‘ auseinander, welches die Diskriminierung aufgrund der sozialen Position in der Gesellschaft und/oder der sozialen Herkunft beschreibt. In der Arbeit wird die Bedeutung von ‚Klasse‘ für Studierende mit nicht-akademischem Hintergrund an Hochschulen untersucht. Durch die Analyse qualitativer, biografisch-narrativer Interviews wird der Frage nachgegangen, welche Erfahrungen von Klasse sich im akademischen Kontext für diese Studierenden ergeben und welche Handlungsfähigkeiten daraus entstehen können. Die intersektionale Verwobenheit von Klasse mit anderen Strukturkategorien wie race und Gender spielt dabei eine ausschlaggebende Rolle.

Pressekontakt:
Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing
Sachgebiet Presse, Digitale und Wissenschaftskommunikation