2,8 Millionen Euro für Kieler Toleranz-Forschende

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert interdisziplinäre Forschungsgruppe

Toleranz gilt als wichtiger Wert in der Gesellschaft. Das sieht auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) so und fördert eine interdisziplinäre Forschungsgruppe an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) zunächst für die kommenden vier Jahre mit rund 2,8 Millionen Euro. Die Forschungsgruppe „Die Schwierigkeit und Möglichkeit von Toleranz: Die vielfältigen Herausforderungen des Konzepts und der Praxis von Toleranz“ will das an der CAU entwickelte Ablehnung-Respekt-Modell von Toleranz aus verschiedenen Perspektiven weiter untersuchen, praktisch überprüfen und weiterentwickeln. „Die Förderung ermöglicht uns, gemeinsam den Weg für ein wissenschaftliches sowie öffentliches Verständnis von Toleranz in pluralen Gesellschaften zu ebnen, das sowohl realistisch ist als auch unabhängig von Politisierung und Ideologie“, sagt Prof. Bernd Simon, Leiter der Kieler Forschungsstelle Toleranz und Sprecher der neuen Forschungsgruppe.

Das Kieler Toleranzmodell beschreibt Toleranz als durch Respekt gezähmte Ablehnung. Andere Haltungen, Lebensweisen oder Herkünfte können demnach abgelehnt werden, wenn man sich auf einer übergeordneten Ebene als gleich anerkennt. Die Forschenden aus den verschiedenen Disziplinen beleuchten nun auf Basis des Modells ein breites Spektrum relevanter Facetten und Dimensionen von Toleranz und Intoleranz. Beispielsweise soll erforscht werden, ob Toleranz die Produktivität in Teams mit hoher Diversität erhöht und inwieweit Diversity-Trainings Toleranz fördern. Das Thema Religion wird eine große Rolle spielen: Wie etwa kann es sehr religiösen Menschen gelingen, eine übergeordnete Identität anzuerkennen? Ein Blick in die europäische Literatur und weltweite Geschichte soll zudem erhellen, wie Toleranz und Intoleranz in der Vergangenheit verstanden und gelebt wurden, um unter anderem langfristige Entwicklungen zu verstehen. Ziel ist letztlich auch aufzuzeigen, was Toleranz steigern kann.

Beteiligt sind an der Forschungsgruppe acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der CAU mit sieben Teilprojekten:

  • Dr. Vesa Arponen, Philosophische Fakultät
  • Prof. Dr. Claudia Buengeler, Personal und Organisation am Institut für Betriebswirtschaftslehre
  • Prof. Dr. Sonja Klimek, Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte an der Philosophischen Fakultät
  • Prof. Dr. Anja Pistor-Hatam, Islamwissenschaft am Orientalischen Seminar der Philosophischen Fakultät
  • Prof. Dr. Hartmut Rosenau und Dr. Kinga Zeller, Evangelische Theologie an der Theologischen Fakultät
  • Prof. Dr. Bernd Simon, Sozialpsychologie und Politische Psychologie am Institut für Psychologie der Philosophischen Fakultät
  • Jun.-Prof. Dr. Stephanie Zehnle, Außereuropäische Geschichte am Historischen Seminar der Philosophischen Fakultät

Außerdem kooperieren die CAU-Forschenden mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer europäischer Universitäten:

  • Prof. Dr. Astrid Homan, Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Amsterdam, Niederlande
  • PD Dr. Daniela Kohler, Moderne deutsche Literatur, Universität Fribourg, Schweiz
  • Prof. Dr. Kilian Schindler, Departement für Englisch, Universität Fribourg, Schweiz

Insgesamt hat die DFG im September 2023 mit 35,5 Millionen Euro acht neue Forschungsgruppen eingerichtet, die sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete widmen und innovative Arbeitsrichtungen etablieren. Die Fördersummen für die einzelnen Gruppen werden jeweils noch um eine 22-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten erhöht. Nach der ersten Förderperiode besteht die Möglichkeit der Verlängerung um weitere vier Jahre.

Text: Daniela Schmidt

Mann im Anzug an einem Rednerpult
© Bevis Nickel

Prof. Bernd Simon ist Sprecher der neuen Forschungsgruppe und Leiter der Kieler Forschungsstelle Toleranz, die im September fünfjähriges Jubiläum feierte.