Am 19. Oktober verstarb mit Ruprecht Haensel einer der Pioniere der Synchrotronstrahlung. Als Professor der Kieler Universität wurde Haensel 1985 beurlaubt, um in Grenoble die Europäische Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) aufzubauen. Er war deren Gründungsdirektor bis 1992. Nach seiner Rückkehr nach Kiel leitete er von 1996 bis 2000 die Geschicke der Christian-Albrechts-Universität als deren Rektor.
Geboren 1935 bei Breslau studierte Haensel an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Freien Universität in Berlin. Bereits seit seiner Promotion 1966 leitete er die neuen Aktivitäten zur Synchrotronstrahlung am HasyLab Hamburg (eine Einrichtung von DESY). Die Habilitation folgte 1968. Einen Lehrstuhl erhielt er 1974 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Direktor des damaligen Instituts für Experimentalphysik.
Ab 1985 fungierte er als Direktor des Instituts Laue-Langevin in Grenoble. Schon bald erfolgte ein einschneidender Wechsel am Ort: Haensel baute als Gründungsdirektor den dortigen Synchrotronstrahlungsring ESRF auf. Es handelt sich um die größte Synchrotronstrahlungsquelle Europas. Seine Jahre an der Spitze dieser weltweit renommierten Forschungseinrichtung, die derzeit etwa 600 Wissenschaftler beschäftigt, waren für ihn besonders glückliche und ertragreiche Jahre, in denen er es genoss, im Verbund mit Kollegen und Kooperationspartnern Dinge voranzutreiben, die alles bisher Getane in den Schatten stellten.
Nach seiner Rückkehr nach Kiel zum Jahresbeginn 1993 wurde er 1994 zum Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät und 1996 zum Rektor der Universität gewählt. In dieser Eigenschaft hat er sich insbesondere Verdienste um die Stärkung der Grundlagenforschung und die Autonomie der Universität erworben. In seine Amtszeit fielen Sparauflagen bisher ungekannten Umfangs von Seiten des Landes. Ihnen begegnete er durch ein Strukturpaket, das die Universität selber entwickelt und für sich beschlossen hat.
Professor Gerhard Fouquet, Präsident der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, über seinen Vorgänger: "Wir verlieren mit Ruprecht Haensel nicht nur einen hochausgewiesenen Wissenschaftler und engagierten Wissenschaftsorganisator, der mit Freude Strukturen schuf und so Forschung erst ermöglichte, sondern auch einen Kollegen, der uns ein Vorbild war und ist. Die gute Basis, auf der die Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt Kiel heute steht, haben wir seiner Initiative zu verdanken."
Seine Emeritierung im Jahr 2000 gab ihm Freiraum für den Vorsitzend des Vereins zur Förderung ausländischer Studierender in Kiel e.V., ein Engagement, das seinen vielfältigen Erfahrungen mit der Internationalisierung der Wissenschaft und seiner Weltgewandtheit entgegenkam. Seine Kenntnisse und Erfahrungen als Wissenschaftsmanager gab er als Berater an zahlreiche Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter.
Auch in der Kommunalpolitik seiner Heimatgemeinde Mönkeberg an der Kieler Förde sowie in der Christlich-Demokratischen Partei Deutschlands (CDU) war er im letzten Jahrzehnt seines Lebens noch aktiv.