Die neuen Medien eröffnen seit der Durchsetzung des Internet 2.0 einen weltweiten Austausch und direkte persönliche Kontakte mit Sprachen und Kulturen verschiedenster Art, wie er vorher nicht möglich war. Das führt zu neuen Wahrnehmungen und Bewertungen von sprachlicher Vielfalt und vielleicht auch zu einem veränderten Normbewusstsein. Gleichzeitig kann dieser Austausch, der sich auf mannigfachen Plattformen vollzieht, aufgrund der Fixierung in Schrift und/oder Ton bzw. Bild beobachtet werden, wodurch sich auch für die linguistische Forschung neue Möglichkeiten ergeben.
Es gibt bereits viele Studien zum Sprachgebrauch in den Medien, aber noch relativ wenige, die sich mit den Haltungen der Sprecher:innen zu Sprachäußerungen anderer Menschen befassen, insbesondere von linguistischen Laien im (mehr oder weniger) privat geführten Meinungsaustausch. Daher soll die Ringvorlesung den Fokus auf solche Diskurse legen, die sich mit Sprache allgemein, einzelnen Sprachäußerungen oder besonders auffälligen sprachlichen Formen oder mit den Sprechweisen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen beschäftigen. Da mit diesen Bewertungen stets auch Aussagen über die Sprecher:innen bzw. die Mitglieder sozialer Gruppen getätigt werden, soll ebenfalls die in den Diskursen erkennbar werdende Auswirkung auf das gesellschaftliche Gefüge in den Blick genommen werden, etwa eine soziale Aufwertung besonders "guter" Sprachteilnehmer:innen, eine Diskriminierung aufgrund des Sprachverhaltens oder eine Separierung in hierarchische Schichten. Es stellen sich viele Fragen: Wer sind diese Menschen, die sich an Sprachbewertungen beteiligen? Welchen beruflichen Hintergrund, welche professionellen Kenntnisse bringen sie in den Diskurs ein? Was sind ihre Motivationen? Wie wirken sich ihre Äußerungen auf andere Sprecher:innen aus? Gibt es auch hier Meinungsführer:innen oder werden die Diskurse in „egalitärer“ Weise geführt?
Das Thema bietet die Möglichkeit zu einer Debatte mit interessierten Studierenden aller Philologien, aber auch allen Bürger:innen, die sich für Normen und Bewertungen des alltäglichen Sprachgebrauchs interessieren.