Universitätspräsident: Den Stellenplan abschaffen!

Die 2008 eingeworbenen Drittmittel der Kieler Universität belaufen sich auf über die Hälfte ihres Grundhaushalts, der nur minimal gewachsen ist. Bei der Vorstellung des Jahresberichts 2008 forderte Universitätspräsident Professor Gerhard Fouquet am 12. März eine deutliche Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs, um die knappen Finanzmittel aus dem Grundhaushalt effektiver einsetzen zu können.

Für die nächsten Jahre hat sich die Universität inhaltlich eine weitere Schärfung ihres Profils vorgenommen, getragen von einem breiten Fächerspektrum als Basis. Besondere Anstrengungen werden im Bereich der Graduiertenförderung unternommen: So steht die Gründung eines Graduiertenzentrums auf dem Programm.

Nachholbedarf sieht die Universität bei der Anzahl von weiblichen Hochschullehrern. Das Zertifikat "Familiengerechte Hochschule", das die Universität bereits 2006 erhielt, hat in diesem Bereich bisher keine Trendwende bewirkt. Die Quote der Professorinnen liegt in Kiel immer noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Deshalb werden in diesem Bereich die Kräfte gebündelt, u.a. um Doppelkarrieren zu erleichtern.

Rückblick 2008

Professor Gerhard Fouquet, Präsident der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, ist davon überzeugt, dass seine Hochschule eine flexiblere Finanz- und Personalverwaltung benötigt: "Wir müssen weg vom Stellenplan. Seit Jahren wird uns eine Abschaffung versprochen, bisher ist sie immer noch nicht da. Der Wechsel zur Personalkostenbudgetierung, also der Personalverwaltung nach Finanzmitteln anstatt nach Personalstellen, ist dringend geboten."

Die Personalkostenbudgetierung sei nur ein Beispiel für eine flexiblere Finanzverwaltung, die die Universität dringend benötige. "Wir sind überaus erfolgreich in der Einwerbung von Drittmitteln, seit dem Jahr 2000 haben wir die absoluten Werte verdoppelt und haben 2008 mehr als die Hälfte des Landeshaushaltes noch einmal dazu eingeworben, nämlich 88 Mio. Euro. Jeder dritte an der Universität beschäftigte Wissenschaftler wird inzwischen über Drittmittel bezahlt."

Das sei einerseits natürlich ein Riesenerfolg und zeige die Forschungsstärke der Christian-Albrechts-Universität, andererseits bereite ihm Sorgen, dass der Basishaushalt nicht mitwachse. "Es wird der Zeitpunkt kommen", mahnte auch Universitätskanzler Dr. Oliver Herrmann, "wo der Erfolg nicht mehr getragen werden kann. Jeder eingeworbene Euro will nach vorgeschriebenen Regeln ausgegeben werden, Geräte müssen beschafft, Stellen ausgeschrieben werden. Das Verwaltungspersonal hat jedoch sowohl zentral als auch in den Fakultäten und Instituten stetig abgenommen. Auch der Bedarf an Räumen für die 671 Mitarbeiter, die über Drittmittel finanziert werden, ist nicht leicht zu decken. Um den Erfolg nachhaltig zu machen, muss hier etwas geschehen."

Ein gutes Ergebnis konnte in den Zielvereinbarungen verbucht werden, nach denen die Hochschule einen – zumindest geringen – Zuwachs erhält. Die Tarifsteigerungen werden für die nächsten fünf Jahre vom Land übernommen. "Das ist der richtige Weg, wird aber das Problem nicht lösen", so Fouquet. Die Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs sei daher unverzichtbar. Der Kanzler und Haushaltsbeauftragte der Universität bestätigt: "Die Verwaltung muss einfacher werden. Wir müssen bürokratische Hürden beseitigen, weil wir sie uns einfach nicht mehr leisten können. Der Erfolg wird uns sonst wegbrechen".

Ausblick und Zielsetzungen

"Für die nächsten Jahre steht ein Ausbau der Schwerpunktbildung an", beschreibt Fouquet die Zukunft. "Auf der Grundlage einer breiten Fächerbasis bauen wir Forschungs- und Förderschwerpunkte aus. So werden wir die Meeres- und Geowissenschaften sowie die Angewandten Lebenswissenschaften stärken, die zwei Bereiche, in denen je ein Exzellenzcluster angesiedelt ist. Nur so können wir die Arbeit der Cluster nachhaltig nutzen und eine Verlängerung erwirken. Darüber hinaus profilieren wir die Nanowissenschaften und die Oberflächenforschung, wo wir bereits einen Sonderforschungsbereich einwerben und ein gut ausgestattetes Labor aufbauen konnten." Als viertes Thema beschäftige die Universität alles, was mit "Kulturellen Räumen" zu tun habe. Hier finden auch die Geistes-, Wirtschaftswissenschaftler und die Theologen ihren Platz, wenn es um den wechselseitigen Einfluss von Mensch, Landschaft und Zivilisation geht.

Zwei engagierte Programme zur Nachwuchsförderung tragen die weitere Schärfung des Profils als exzellente Forschungsuniversität. Doktoranden werden zukünftig an der Christian-Albrechts-Universität in einem Graduiertenzentrum in fächerübergreifenden Projekten arbeiten und dort auch intensiv betreut. Zweitens kümmert man sich intensiv um die Exzellenz in der Lehre. "Wir haben bereits ein Weiterbildungsprogramm zur Hochschuldidaktik gestartet, das für neue Wissenschaftler verpflichtend ist. Es geht darum, dass exzellente Forscher auch lehren lernen", so Fouquet.

Die Universität hat sich darüber hinaus vorgenommen, mehr weibliche Hochschullehrer zu berufen: "Wir liegen beim Anteil der Professorinnen unter dem Bundesdurchschnitt", bedauert Fouquet. Der Kanzler bestätigt: "Während bei uns nur gut 11 Prozent Frauen sind, weist der Bundesdurchschnitt für 2007 immerhin einen Prozentsatz von 16 aus. Das ist natürlich auch noch viel zu wenig. Perspektivisch sollten hier an die 20 Prozent eine realistische Größe sein. Da muss sich in ganz Deutschland, aber vor allem bei uns in Kiel, viel tun."

Während sowohl bei den Studierenden als auch bei den Absolventenzahlen und bei den promovierten Abgängern der Frauenanteil in Kiel deutlich über dem Durchschnitt liege, gebe es bei den weiblichen Professoren Nachholbedarf. "Besserung verspreche ich mir durch eine Kooperation mit der Universität Hamburg", meint Oliver Herrmann. "Wir werden künftig versuchen, den Ehepartnern hoch qualifizierter Frauen, die wir nach Kiel holen möchten, eine Karrierechance an der Nachbarhochschule zu geben." Die so genannte Doppelkarriere sei inzwischen ein Muss an Hochschulen, die in der internationalen Liga mitspielen wollten.

Der weitere Ausbau des Zertifikats "Familiengerechte Hochschule", das die Kieler Uni als eine der ersten größeren Universitäten 2006 erhielt, steht deshalb oben auf der Agenda. "Für die Eltern unter den Studierenden müssen wir noch mehr Erleichterungen schaffen", so Herrmann. "Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam mit dem Studentenwerk 25 Plätze für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren geschaffen. Im Herbst werden noch einmal 20 Plätze dazu kommen, denn in dieser Altersstufe gibt es bei Studierenden und Wissenschaftlern den größten Bedarf."

Spitzenforschung im Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft"

In der Exzellenzinitiative war die Uni Kiel drei Mal erfolgreich. Sie konnte zwei Exzellenzcluster und eine Graduiertenschule gewinnen. Aus dem Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft", der im Oktober 2006 als erster bewilligt wurde, liegen inzwischen die ersten Arbeitsergebnisse vor. 150 Wissenschaftler aus sechs Fakultäten arbeiten hier zusammen, 13 Nachwuchsforschergruppen wurden inzwischen installiert. Der Cluster gibt 100 zusätzlichen Menschen Arbeit: Wissenschaftlern und Managementpersonal.

Der Sprecher des Clusters, Professor Martin Visbeck, erläutert die Themen und erste Ergebnisse: "Besonders beschäftigt hat uns die Frage der nachhaltigen Fischerei im letzten Jahr. Darüber hinaus konnte in dieser für die Abläufe in der Wissenschaft relativ kurzen Zeit die Ozeanbeobachtung vorangetrieben werden. Hier sind ein ferngesteuerter Unterwasserroboter ROV 6000 und mehrere Ozeangleiter im Einsatz. Auch die Reaktion der Meeresorganismen auf die Ozeanversauerung hat eine große Rolle in der Arbeit gespielt." Eines der Hauptmerkmale des Clusters ist die Wissenschaftsvermittlung, die in einem eigens gegründeten Arbeitsbereich "Public Outreach" betrieben wird. Zahlreiche Ausstellungen wurden gestaltet und eine interaktive Installation "Future Ocean Explorer" entwickelt. Hier kümmert man sich intensiv um die Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern in die Arbeit des Clusters und hat auch die Kinder-Uni organisiert.

Die Graduiertenschule ISOS (Integrated School of Ocean Sciences) führt über 90 Doktoranden aus den betroffenen Forschungsgebieten zusammen und bildet gemeinsam mit der Graduiertenschule "Human Development in Landscapes" den Kern des neu aufzubauenden Graduiertenzentrums.

"Wissenschaftliche Ergebnisse der neu eingestellten Juniorprofessoren erwarte ich für dieses und das nächste Jahr", so Visbeck. "Für wichtige Veröffentlichungen ist ein deutlich längerer Vorlauf als ein Jahr nötig. Länger sind die meisten der Kolleginnen und Kollegen ja noch gar nicht hier."

Informationen zum Herunterladen: Statistisches Material (PDF)