Satellitendaten zeigen Folgen der Rekordsturmflut an der Ostseeküste

Forschende der AG Earth Observation and Modelling (EOM) der CAU analysieren Veränderungen der Geltinger Birk und Schlei

Am 20. Oktober 2023 ereignete sich eine Sturmflut, die nach anhaltendem Ostwind in vielen Regionen der Ostseeküste zu den höchsten Wasserständen und stärksten Überflutungen seit mehreren Jahrzehnten führte. Insbesondere die westliche Ostsee war von hohen Wasserständen von bis zu 2,27 Meter über Normalnull betroffen, wie der BSH-Bericht zur Sturmflut vom 20.Oktober 2023 zeigt. Die Folgen waren gebrochene Deiche, überflutete Häuser und zerstörte Campingplätze sowie zahlreiche gesunkene Schiffe. Der Schaden wird laut Beitrag des Schleswig-Holstein-Magazins vom 2. November 2023 bisher auf rund 200 Millionen Euro geschätzt. Auch die Küsten haben sich gravierend verändert. Satellitengestützte Auswertungen der Arbeitsgruppe EOM - Earth Observation and Modelling am Geographischen Institut der Uni Kiel zeigen das Ausmaß dieser Veränderungen exemplarisch für die Geltinger Birk und die Schlei.

Küstenlinie hat sich um bis zu zehn Meter landeinwärts verschoben

Neben den Schäden an der Infrastruktur hat der hohe Wasserstand in Verbindung mit hohen Wellen und anhaltendem Wind die Küstenmorphologie stellenweise stark beeinflusst. Anhand aktueller Daten des Satelliten Planet SuperDove haben Professorin Natascha Oppelt, Leiterin der Arbeitsgruppe EOM und Doktorand Eike Schütt das Naturschutzgebiet Geltinger Birk am Ausgang der Flensburger Förde sowie das Naturschutzgebiet Schleimünde bei Maasholm untersucht. Dazu haben sie die Küstenlinien aus Satellitenbildern vom 12. Oktober, acht Tage vor der Sturmflut, und vom 23. Oktober, drei Tage danach, extrahiert und eine Veränderungsanalyse durchgeführt. Diese verdeutlicht, dass sich die Küstenlinie durch die hohe Wellenenergie und den ungewöhnlich hohen Wasserstand um bis zu zehn Meter landeinwärts verschoben hat (siehe rote Flächen in der Abbildung). Entlang des westlichen Teils der Küste kam es während der Sturmflut im Wind- und Wellenschatten zu einer Akkumulation von Schwebstoffen, so dass dieser Abschnitt eine positive Bilanz aufweist. Die Küstenlinie hat sich teilweise um mehrere Meter in Richtung Westen verschoben (in der Abbildung blau dargestellt). Am deutlichsten sind die Veränderungen am Nehrungshaken im Norden des Schutzgebietes. Dieser ist nach der Sturmflut deutlich kürzer und nach Westen versetzt. Wie im Schleswig-Holstein-Magazin vom 30. Oktober 2023 ersichtlich, kam es außerdem im östlichen Bereich des Schutzgebietes auf einer Länge von mehreren hundert Metern zu einem Deichbruch, durch den das Hinterland der Birk großflächig überflutet wurde. Dies ist auf dem Satellitenbild vom 23. Oktober deutlich zu erkennen.

Deichbrüche im Naturschutzgebiet Maasholm deutlich erkennbar

Gravierende Veränderungen der Dünen sind auch im Naturschutzgebiet Schleimündung bei Maasholm zu erkennen. Im Westen fällt die Verlagerung des Dünenfußes und die damit verbundene Verbreiterung des Sandstrandes auf. An drei Stellen sind die Dünen über die gesamte Breite des Nehrungshaken zerstört, mindestens einmal ist sogar ein Durchbruch zur Schlei erfolgt. An anderen Stellen hat sich der Dünenfuß um mehr als 100 Meter nach Westen verlagert (dunkelrote Fläche in der Abbildung). Im Norden des Naturschutzgebietes, wo die Dünen schon vor der Sturmflut nur wenige Meter breit waren, ist die Verlagerung geringer. Hier wurde sie teilweise durch einen Deich aufgehalten.
 
Die ersten Analysen zeigen, wie stark die schleswig-holsteinische Ostseeküste durch die Sturmflut verändert wurde. Mit Hilfe der Fernerkundung ist es möglich, diese Veränderungen großflächig zu untersuchen und die Küstenveränderungen zu quantifizieren. Neue Satellitendaten aus dem Gebiet, die in den nächsten Wochen und Monaten aufgenommen werden, werden weitere und genauere Analysen ermöglichen.

Grafik auf Basis von Satellitendaten
© Eike Schütt, Uni Kiel

Grafik auf Basis von Satellitendaten der Geltinger Birk

Grafik auf Basis von Satellitendaten
© Eike Schütt, Uni Kiel

Grafik auf Basis von Satellitendaten von Schleimünde

Wissenschaftliche Kontakte:

Natascha Oppelt
Geographisches Institut (Sektion Geographie)
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
oppelt@geographie.uni-kiel.de
0431/880-3330

Eike Schütt
Geographisches Institut (Sektion Geographie)
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
schuett@geographie.uni-kiel.de
0431/880-3429

Über Kiel Marine Science (KMS)

Kiel Marine Science (KMS) ist das Zentrum für interdisziplinäre Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). KMS bildet die organisatorische Einheit für alle natur-, geistes- und sozialwissenschaftlich arbeitenden Forscherinnen und Forscher, die sich mit den Meeren, Küsten und den Einfluss auf die Menschheit beschäftigen. Die Expertise der Gruppen kommt beispielsweise aus den Bereichen der Klimaforschung, der Küstenforschung, der Physikalischen Chemie, der Botanik, aus der Mikrobiologie, der Mathematik, der Informatik, der Ökonomie oder aus den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Insgesamt umfasst KMS über 70 Arbeitsgruppen an sieben Fakultäten und aus über 26 Instituten. Gemeinsam mit Akteuren außerhalb der Wissenschaft arbeiten sie weltweit und transdisziplinär an Lösungen für eine nachhaltige Nutzung und den Schutz des Ozeans.

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