
Damit der Strand Land bleibt
Der Strand in St. Peter Ording ist weithin einzigartig, aber trotz seiner enormen Dimensionen auf Dauer durchaus gefährdet. Eingebettet in ein großes Projekt widmet sich diesem Problem ein kleines Team der Geowissenschaften an der Uni Kiel.

Ein Idyll mit Besonderheiten: Der Strand von St. Peter Ording. (Archivbild)
Unter dem Motto »Sandküste St. Peter Ording« hat sich an der Westküste eine bemerkenswerte Initiative formiert. Vor Ort taten sich Interessierte und potenziell Betroffene zusammen, um sehr engagiert auf praktischer wie auf wissenschaftlicher Ebene Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die imposante Strandlandschaft an diesem Teil der Nordseeküste möglichst lange erhalten bleibt.
Koordiniert vom Wattenmeerbüro des WWF (World Wide Fund for Nature), sind der Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt, die Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer, die Uni Kiel und auch die Technische Universität Braunschweig an Bord.
Die Fachleute vom dort ansässigen Leichtweiß-Institut für Wasserbau betrachten das Thema von der ingenieurwissenschaftlichen Seite und widmen sich der Belastbarkeit von Dünen als natürlichen Elementen des Küstenschutzes. Seitens der CAU nimmt die von Professor Christian Winter geleitete Arbeitsgruppe Küstengeologie und Sedimentologie am Institut für Geowissenschaften die Geschehnisse vor den Deichen und Dünen ins Visier:
»Wie funktioniert ein Strand?«, formuliert Arbeitsgruppenleiter Winter die entscheidende Frage, die im Detail viel mit dem Transport von Sediment durch Wellen, Strömungen und Wind zu tun hat.
Bekannt ist jedenfalls, dass der spektakuläre Strand von St. Peter Ording maßgeblich dem Zusammenspiel dieser Faktoren zu verdanken ist. In den 1980er Jahren sorgten sie dafür, dass sich eine sehr große Sandbank bildete und an die Küste schob, sodass praktisch ein doppelter Strand entstand.
Was tiefer hinter solchen Prozessen steckt, will der Doktorand Clayton Soares herausfinden. Er entwickelt am Rechner numerische Modelle, die er dann mit echten Daten etwa über die Wind- und Strömungsverhältnisse vor Ort abgleicht. Gibt es hinlänglich große Übereinstimmungen, kann im nächsten Schritt mit einiger Verlässlichkeit analysiert werden, was zum Beispiel passiert, wenn sich eine Komponente im System ändert, alle anderen aber gleich bleiben.
»Das klingt einfach, bedeutet aber sehr viel Aufwand«, sagt der Nachwuchswissenschaftler. Trotz äußerst leistungsfähiger Technik rattert der Computer nach seinen Angaben mitunter bis zu 14 Tage, um bestimmte Szenarien abzubilden. »Das liegt daran, dass Clayton sehr detaillierte Modelle betreibt, um so exakte Ergebnisse wie möglich zu bekommen«, erklärt Professor Winter.
Selbst solch penibles Vorgehen erlaubt der Wissenschaft aber noch keine Vorhersage. Am liebsten würden die Verantwortlichen in St. Peter Ording zwar wissen, wie genau es in 100 Jahren um ihre Küste bestellt ist, doch daraus wird laut Christian Winter beim besten Willen nichts werden: »Wir können solche Voraussagen nicht treffen, ganz einfach, weil wir die Rahmenbedingungen nicht kennen. Schon Wetterprognosen, die lange nicht so komplex sind, lassen sich ja nur für ein paar Tage zuverlässig abgeben.«
Gleichwohl sind der Professor und sein Doktorand zuversichtlich, dass sie für das Projekt »Sandküste St. Peter Ording« einen guten Beitrag leisten können. Unter anderem betrifft das Einschätzungen zu dem Phänomen, wie Transportprozesse dazu führen, dass sich der Strand verformt und verlagert. Solche Effekte und sogar ein massives Dahinschwinden von Stränden wären dabei aus Sicht der Wissenschaft keineswegs außergewöhnlich, sondern ganz natürlich. »Küsten streben nach Ausgleich«, befindet Professor Winter. »Steigt der Wasserspiegel an, ziehen sie sich zurück, wird er niedriger, dehnen sie sich aus.« Problematisch wird es demnach erst durch die Interessen der Menschen, die dort arbeiten, sie touristisch nutzen und gern auch möglichst nah am Wasser ihre Häuser bauen. Und es sieht ganz danach aus, dass alle im eigenen Interesse ihren Beitrag zum Küstenschutz leisten müssen, damit solche Freuden noch lange möglich sind.
Autor: Martin Geist
Das Projekt »Sandküste St. Peter Ording« bietet allen Interessierten viele Informations- und Mitmachmöglichkeiten.
Mehr unter www.sandkueste-spo.de
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