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Karriere mit Hochfrequenz

Feinstaub wird heutzutage immer noch auf eine überraschend umständliche Art und Weise gemessen. Anders ist das bei dem in den Laboren der Uni Kiel gewachsenen Projekt aerosense, das auf innovative Radartechnik setzt. Dank Förderung durch das Programm EXIST-Forschungstransfer steuert aerosense seit September auf eine Unternehmensgründung zu.

Vier Männer auf einem Platz
© Gerrit Jochim

Leve Freiwald (v. l.), Robin Sielken, Alexander Teplyuk und Phillip Durdaut wollen mit Radartechnik die Feinstaubmessung revolutionieren.

Bereits im Jahr 2012 hatte der Elektrotechniker Dr. Alexander Teplyuk mit einer Arbeit zur Messung von Kleinstpartikeln auf Basis von Radartechnik seine Promotion abgeschlossen und bewiesen, dass dieses Verfahren auch praktisch funktioniert. Ebenfalls am Lehrstuhl von Professor Michael Höft führte Alwin Reinhardt drei Jahre später in seiner Doktorarbeit das Prinzip weiter und entwickelte ein Verfahren, das mit höheren Frequenzen arbeitet. Und dann fügte es sich eines Tages, dass Reinhardt ins Gespräch mit Leve Freiwald kam, der wie er selbst aus Itzehoe stammt und nach eigenen Worten dieses Thema »immer schon spannend« fand. Also klinkte er sich ein und brachte sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit im Fach Wirtschaftsingenieurwesen bei der Erarbeitung des Schaltungsdesigns für das Messinstrument ein, an dem Reinhardt tüftelte.

Als das neuartige Verfahren dann noch den Ideenwettbewerb Schleswig-Holstein 2018 für Hochschulen und Forschungseinrichtungen gewann, nahm die Sache richtig Fahrt auf. Die beiden Nachwuchswissenschaftler dachten nicht mehr nur über die Gründung eines eigenen Unternehmens nach, sondern sie machten sich konkret auf den Weg. An der Uni Bochum, die beim Thema Messtechnik mit Hochfrequenz-Radar sehr gut aufgestellt ist, gewannen sie Professor Nils Pohl als Kooperationspartner. Der Spezialist für integrierte Systeme unterstützte die Kieler bei der Entwicklung einer modularen Einheit, die als stationäre Anlage, aber auch in Form eines mobilen Geräts zur Messung von Feinstaub eingesetzt werden kann. Alwin Reinhardt beschreibt das so: »Im Prinzip können Sie unser Gerät auf eine Rauchwolke richten und erfahren dann: Wie hoch ist die Partikelkonzentration? Wie groß sind die Partikel? Und wie schnell bewegen die sich? Das alles in Echtzeit, drahtlos und dank sehr leistungsfähiger Akku-Technik bis zu einem Jahr lang autark.«

Zuspruch zu dem Projekt äußerte von Anfang an der Hochfrequenztechniker Professor Höft, aber auch sonst kam immer mehr Ermunterung von kundiger Seite. Doch erst als die Gründer in spe vom EXIST-Forschungstransfer-Programm hörten, ging es in die Zielgerade. Monatelang arbeiteten sie an ihrem Konzept und dem Förderantrag, hatten dabei jede Menge Stress und laut Leve Freiwald ebenso viel Unterstützung aus dem Zentrum für Entrepreneurship der Uni Kiel. Der Lohn: 500.000 Euro für Personal- und weitere 250.000 Euro für Sachmittel innerhalb von eineinhalb Jahren. An Bord der aerosense, aus der innerhalb von eineinhalb Jahren eine GmbH werden soll, sind Leve Freiwald, Alexander Teplyuk, Phillip Durdaut und Robin Sielken. Das große Ziel: Erfolgreich werden und den Vertrauensvorschuss mit einem einzigartigen und nachgefragten Produkt zurückzahlen.

Autor: Martin Geist

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