
Barock im Norden
Er war so etwas wie der Star der schleswig-holsteinischen Kunstszene im 17. Jahrhundert: Jürgen Ovens. Kunsthistorikerin Constanze Köster liefert mit ihrer Dissertation das bisher umfassendste Werk über den Maler.
Sehr gut ausgebildet, international bestens vernetzt, technisch auf höchstem Niveau und bei Adel und Bürgertum sehr gefragt: Barockmaler Jürgen Ovens (1623 bis 1678) machte offenbar alles richtig, und so lief es schon zu Lebzeiten sehr gut für ihn. Er gilt als Schlüsselfigur der sogenannten Gottorfer Glanzzeit im 17. Jahrhundert und als Vermittler zwischen dem Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf und Amsterdam, dem kulturellen Zentrum des neuzeitlichen Europas. Das lag an Herzog Friedrich III., der Wissenschaft und Künste in Schleswig-Holstein förderte, aber vor allem auch an Ovens selbst.
»Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Künstler waren damals immer auch Kaufleute, und Ovens traf sehr rationale Entscheidungen, um auf dem Kunstmarkt erfolgreich zu sein«, sagt Kunsthistorikerin Constanze Köster. Als Sohn eines Kaufmanns konnte er es sich leisten, beim besten Maler seiner Zeit zu lernen. Also ging er in die Niederlande und wurde Schüler von Rembrandt van Rijn.
»Als Ovens nach etwa zehn Jahren zurückkam und sich in Friedrichstadt niederließ, war er technisch und stilistisch weitaus besser als die Künstler hier«, so Köster. Seine Spezialität waren Portraits wie das von Christian Albrecht, Herzog von Schleswig-Holstein- Gottorf und Gründer der Kieler Universität. »Ovens malte sehr bunt und mit knalligen Farben. Er spielte mit Stoffen und metallischen Oberflächen und wollte so auch bewusst sein Können beweisen.« In der Portraitmalerei brachte Ovens eine neue Mode aus den Niederlanden mit: sich nicht im eigenen Sonntagsstaat darstellen zu lassen, sondern sich in Kostümen gezielt zu inszenieren. So sollten die Gemälde zeitlos bleiben und viel Raum für Symbolik lassen.
Der moderne Stil von Ovens kam in Schleswig-Holstein gut an und brachte ihm zahlreiche Aufträge aus Adel und Bürgertum ein. Außerdem arbeitete er als Kunsthändler, hatte eigene Schüler und stattete auf Schloss Gottorf ganze Räume aus.
»Ovens wurde oft als Hofmaler bezeichnet, aber das war er nicht«, verrät Köster. »Er lebte nicht am Hof und war dort nicht fest angestellt, hatte aber Privilegien wie Steuerfreiheit.« Denn im Gegensatz zu vielen Gegenden, in denen Hofmaler zu sein einer Auszeichnung gleichkam, bedeutete es auf Schloss Gottorf, eher handwerkliche Kleinigkeiten zu erledigen. »Hier kommt es darauf an, sich den historischen Kontext genau anzuschauen«, so Köster. Besonders spannend findet sie Ovens Rolle für den internationalen Kunst- und Kulturaustausch. »Schleswig-Holstein stand in dieser Zeit sehr unter niederländischem Einfluss, sowohl was die Wirtschaft betraf als auch die Kultur. Mich interessiert, wie Ovens den niederländischen Stil in den Norden brachte.«
Trotz Ovens’ Bedeutung ist Kösters Dissertation, entstanden am Kunsthistorischen Institut bei Professor Christoph Jobst, nach fast hundert Jahren die erste Monographie über den Maler. »Sein Werk ist in verschiedenen Ländern verstreut. Ein Hauptziel meiner Arbeit war, das wieder zu verknüpfen.«
Fast vier Jahre lang analysierte sie dafür Bilder, zum Teil aus Privatsammlungen, wertete Briefe, Aufträge oder Rechnungen aus, reiste in die Niederlande, nach Schweden, Dänemark und innerhalb Deutschlands. »Ich hatte den Ehrgeiz, Ovens einmal ganz darzustellen, auch für die weitere Forschung«, sagt Köster, die nach ihrer Promotion jetzt als wissenschaftliche Volontärin im Landesmuseum für Kunst und Kunstgeschichte auf Schloss Gottorf arbeitet. Dort ist ein kompletter Saal Ovens’ Bildern gewidmet.
Julia Siekmann
Constanze Köster: Jürgen Ovens (1623–1678): Maler in Schleswig-Holstein und Amsterdam.

Stolz präsentiert die adelige Familie ihren Stammhalter, standesgemäß auf einem großen Gemälde. Constanze Köster verfasste mit ihrer Dissertation eine umfangreiche Monographie über den schleswig-holsteinischen Maler Jürgen Ovens.
Foto: Siekmann
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