
Die Spuren der Steine
Museen haben immer etwas mit konservierter Zeit zu tun. Im Geologischen und Mineralogischen Museum der Uni Kiel geht es, zumindest nach menschlichen Dimensionen, gar um konservierte Ewigkeit – und Unendlichkeit.

Dr. Eckart Bedbur, Leiter des Geologischen und Mineralogischen Museums, mit seinem »Hühnergott«, den er selbst gefunden hat.

Zu den spektakulären Exponaten des Museums gehört dieser Schwarze Raucher.
Gut und gern 250 Millionen Jahre hat ein Wurmröhrensandstein auf dem Buckel, der in einer der Vitrinen des Museums zu sehen ist. Eine unvorstellbar große Zahl aus Sicht Normalsterblicher, allerdings eher jugendlich anmutend aus Sicht der Erde, deren Alter auf etwa viereinhalb Milliarden Jahre veranschlagt wird. Auch die räumliche Herkunft mancher Exponate übersteigt das, was Menschen wirklich nachvollziehen können.
In einer »Ehrenvitrine« präsentiert sich ein Meteorit, der in mehrerer Hinsicht besonders ist. Nicht nur, dass er wie alle Meteoriten seinen Ursprung in den endlos anmutenden Weiten des Sonnensystems hat, es handelt sich obendrein um einen echten Kieler Brocken. Heruntergefallen ist das Gestein im Jahr 1962 in Friedrichsort, wo es das Blechdach eines Hauses durchschlug. Dem Blechkontakt ist eine weitere Exklusivität zu verdanken, schmunzelt Museumsleiter Dr. Eckart Bedbur: »Es ist der einzige Meteorit mit roter Farbe.«
In Kiel – so viel Ehrlichkeit muss sein – kann inzwischen nur noch der halbe Meteorit bestaunt werden. Der Rest befindet sich geteilt in jede Menge Einzelstücke in Museen auf der ganzen Welt.
Nur in Kiel zu finden ist ein weiterer auffälliger Stein, ein sogenannter Hühnergott, den Bedbur selbst bei einer Exkursion in der Nähe von Stolpe gefunden hat. Das stattliche Stück zeichnet sich durch ein natürlich entstandenes Loch im Korpus aus und soll altem Volksglauben zufolge magische Kräfte entfalten. Nicht weniger eindrucksvoll kommt der Schwarze Raucher daher, ein Stein, der in hydrothermalen Quellen der Tiefsee entstanden ist und bei Abkühlung Partikel ausscheidet, die wie eine Rauchfahne aussehen.
Solche Besonderheiten könnte man noch viele aufführen, sie stellen aber nicht das Prägende am Geologischen und Mineralogischen Museum dar. »In erster Linie ist das eine Lehrsammlung«, erläutert Eckart Bedbur die schlichte und dennoch wichtige Bedeutung des Raumes mit seinen 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Direkt gegenüber befindet sich der Hörsaal, sodass die Studierenden oft unmittelbar betrachten können, was gerade ihr Thema gewesen ist. Was ein interessantes Angebot gleichermaßen für die Fachrichtungen Geologie und Geographie wie für die Meereswissenschaften darstellt.
Zugleich will das Museum durchaus auch fachlich nicht vorbelasteten Interessierten etwas vermitteln. Systematisch angeordnet vermitteln die Vitrinen jede Menge Grundlagenwissen über das, was diese Erde ausmacht. Faszinierend ist dabei gerade der Blick aufs Detail. Etliche Beispiele zeigen, wie sich Atome zu Molekülen formen und dabei Strukturen bilden, die genau denen der aus diesen Verbindungen bestehenden Kristalle entsprechen. Andere Bereiche zeigen das weite Feld der Minerale und Erze oder widmen sich der Paläontologie mit ihren bisweilen wunderschönen Abbildungen urtümlicher Lebewesen.
So kommt es, dass das Museum, das wegen seiner Bedeutung für die Lehre auf engem Raum eine große Fülle von Steinen zeigt und entsprechend die Präsentation vernachlässigen muss, dennoch Außenwirkung entfaltet. Schulen, Kindergärten und Betriebe unternehmen immer wieder gern Ausflüge in die Ludewig-Meyn-Straße. Richtige Renner werden zudem teilweise Sonderausstellungen wie vor einigen Jahren eine Schau über Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde, die Publikum aus ganz Deutschland anlockte und ein breites Medienecho auslöste.
Autor: Martin Geist
Geologisches und Mineralogisches Museum
Ludewig-Meyn-Straße 12 (Uni Campus)
Öffnungszeiten:
montags bis donnerstags 8:30 bis 16:00 Uhr,
freitags 8:30 bis 14:00 Uhr und nach Vereinbarung,
Eintritt frei, Führungen ganzjährig nach Anmeldung.
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