
»In der Summe stärker als allein«
Ein anspruchsvolles Programm hat sich Professor Eckhard Quandt, seit Oktober 2020 Vizepräsident für Forschung, Transfer, Digitalisierung und wissenschaftliche Infrastruktur an der CAU, für seine Amtszeit vorgenommen. Im Interview mit der unizeit blickt er auf aktuelle Prozesse.

Vizepräsident Eckhard Quandt im Gespräch.
unizeit: Herr Professor Quandt, mit welchen Gedanken haben Sie das Amt des Vizepräsidenten angetreten?
Eckhard Quandt: Wichtig waren für mich eine gemeinsame Zielsetzung und ein abgestimmtes Vorgehen mit den anderen Mitgliedern des Präsidiums und insbesondere die Bereitschaft aller, erfolgreich im Team zusammenarbeiten zu wollen, an einem Strang zu ziehen. Und das ist auch in jeder Hinsicht der Fall. In unserem Team möchte ich vor allem meine strategischen Erfahrungen in Forschung und Transfer einbringen.
Sie sind der erste Vizepräsident der Technischen Fakultät. Gehen Sie dadurch anders an Aufgaben heran?
Nein, das ist eher eine Randnote, beeinflusst mich aber nicht in meiner täglichen Arbeit, da für mich die gesamtuniversitäre Perspektive im Vordergrund steht. Ich bin seit knapp 15 Jahren an der Universität Kiel und habe immer von der interdisziplinären Zusammenarbeit insbesondere mit der Medizinischen und der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät profitiert. An der Technischen Fakultät und vor allem in der Materialwissenschaft ist das gelebte Praxis – das sind ja kleine Einheiten und die Fragestellungen sind oft nur interdisziplinär zu lösen.
Im Bereich der wissenschaftlichen Infrastruktur bin ich in der Weise sozialisiert worden, dass Geräte beispielsweise seit jeher über Arbeitsgruppen hinweg zusammen genutzt worden sind. Und dieser Ansatz der gemeinsamen Nutzung von teuren Infrastrukturen ist heutzutage weltweit an führenden Forschungsinstitutionen die gelebte Praxis. Das versuche ich jetzt auch universitätsweit mit dem Aufbau von gemeinsam genutzten Forschungsplattformen zu lancieren. In der Genomanalyse, in der biomedizinischen Bildgebung MOIN CC oder im Kieler Nanolabor ist dies beispielsweise schon der Fall, es wäre aber noch an viel mehr Stellen möglich. So vermeiden wir teure Doppelanschaffungen und fördern den Austausch. Auch für die Integration von Nachwuchsforschungsgruppen, von denen wir zu wenige haben, ist dies interessant. Wichtig ist dabei, dass Forschungsinfrastruktur bei Weitem nicht nur technisches Equipment umfasst, sondern auch Sammlungen, Museen oder Informationsinfrastrukturen beinhaltet.
Welches Thema steht für Sie aktuell im Vordergrund?
Derzeit laufen viele Prozesse parallel, es lässt sich nicht alles voneinander trennen. Ganz allgemein hat das Thema Digitalisierung durch die Corona-Pandemie einen großen Schub bekommen. Die CAU hatte und hat hier einen Nachholbedarf, aber hier hat im zurückliegenden Jahr vieles sehr gut funktioniert, soweit es unter Pandemiebedingungen möglich war. Wir arbeiten aktuell an der Gründung eines Digital Science Centers. Dieses Zentrum soll eine zentrale Einrichtung sein, die die Handlungsfelder Forschung, Transfer und Lehre im Bereich der Datenwissenschaft betrifft. Im Bereich der Lehre laufen erste Planungen gemeinsam mit meinem Kollegen Vizepräsident Professor Markus Hundt zu einem Zwei-Fach-Studiengang, der die Datenwissenschaft mit ihren unterschiedlichen Feldern mit einem entsprechenden Anwendungsfach verbindet und dabei die fachliche Breite unserer Volluniversität widerspiegelt. Hier können Studierende Komponenten aus der Mathematik beziehungsweise der Informatik mit einer fachwissenschaftlichen Anwendung wie zum Beispiel Meereswissenschaften oder Digital Humanities verbinden. Da datenintensive Forschung in quasi allen Wissenschaftsdisziplinen von Bedeutung ist, gehen wir davon aus, dass diese Fähigkeiten immer wichtiger werden. Daher ist ein solcher interdisziplinär ausgerichteter Studiengang gerade an der CAU als Volluniversität wichtig. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen, die wir in den nächsten Jahren voranbringen möchten. Von den Chancen, die hieraus erwachsen, werden alle Mitglieder der Universität profitieren.
Dann steht noch das große Thema Exzellenzstrategie im Fokus. Hier haben wir gerade die erste Runde der Strategiegespräche mit allen Fakultäten und Forschungsschwerpunkten zu den Themen Forschung und Forschungsinfrastruktur geführt. Als Nächstes müssen die Anträge für neue Exzellenzcluster strategisch vorbereitet und begleitet werden. Wir können mit neuen Anträgen nur erfolgreich sein, wenn wir in allen Handlungsfeldern unsere Hausaufgaben gemacht haben. Beispielsweise müssen weitere Sonderforschungsbereiche und Verbundprojekte auf den Weg gebracht werden. Dazu gehört aber auch die Aufgabe, weitere Freiräume für die Forschung zu schaffen.
Was steckt hinter dem neuen Geschäftsbereich Transfer?
Der Transfer von Forschungsergebnissen ist natürlich gesellschaftlich hoch relevant, denn wir übertragen neue wissenschaftliche Erkenntnisse in gesellschaftlich vielfältig nutzbare Innovationen. Dabei geht es uns nicht nur um technologische Innovationen, sondern zum Beispiel auch um soziale Innovationen. Dafür muss man zum einen den Bereich des Scientific Outreach, also den Wissenstransfer, mitdenken, hier ist unsere Universität durch vielfältige Aktivitäten sehr gut aufgestellt. Eine größere Baustelle ist der klassische Technologietransfer. Hier wollen wir unsere Forschenden strukturell mit der Gründung einer Uni GmbH (siehe Beitrag unten) unterstützen. Damit schaffen wir flexiblere Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft bei Drittmittelprojekten und bei der Verwertung von eigenen Errungenschaften, beispielsweise durch Ausgründungen. Durch die privatwirtschaftliche Struktur einer GmbH mit der Universität Kiel als alleiniger Anteilseignerin sind wir flexibler und attraktiver, sowohl für Forschungsvorhaben, als Arbeitgeberin im Wettbewerb um die besten Köpfe, wie auch in der Sichtbarkeit bei der Vergabe großer Bundesprogramme. Für die Exzellenzstrategie ist der Wissens- und Technologietransfer ebenfalls von großer Bedeutung. An dieser Stelle greifen die einzelnen Bausteine ineinander.
Schaffen Sie das alles in den drei Jahren Ihrer Amtszeit?
Wir müssen die genannten Punkte jetzt angehen, damit wir später die Früchte ernten können, zum Beispiel für die Exzellenzstrategie. Insgesamt ist das ein Programm, das sich über mehrere Jahre erstrecken wird. Ich freue mich, dass ich es in meiner Amtszeit begleiten und gewisse Akzente setzen kann. Ansonsten kann ich sagen, dass ich trotz meiner 15-jährigen Zugehörigkeit zur Universität Kiel gerade auch durch die Strategiegespräche viel über die Vielfalt der CAU gelernt habe. Dadurch habe ich den Wert einer Volluniversität noch viel mehr zu schätzen gelernt. Insofern freue ich mich sehr auf den weiteren Austausch mit den Mitgliedern unserer Universität.
Das Interview führte Christin Beeck.
Kurzvita Prof. Dr. Eckhard Quandt
Seit dem 8. Oktober 2020 ist Professor Dr.-Ing. Eckhard Quandt Vizepräsident für Forschung, Transfer, wissenschaftliche Infrastruktur, Digitalisierung. Studiert hat er in Kiel und Berlin, nach seiner Promotion in Berlin hat er sich an der Universität Karlsruhe in Werkstoffkunde habilitiert. Es folgten Tätigkeiten am (Kern)Forschungszentrum Karlsruhe und dem Center of Advanced European Studies and Research (caesar) in Bonn. Seit Dezember 2006 ist Quandt Professor für Anorganische Funktionsmaterialien an der Technischen Fakultät (TF) der CAU. Sprecherfunktionen: 2009 bis 2012 Forschungsschwerpunkt »Nanowissenschaften und Oberflächenforschung«, 2010 bis 2014 Sonderforschungsbereich (SFB) 855 »Magnetoelektronische Verbundwerkstoffe«, seit 2016 SFB 1261 »Magnetoelectric Sensors«. Zwischen 2010 und 2012 war er Mitglied im Senat der CAU, von 2012 bis 2014 zunächst Prodekan, 2014 bis 2016 dann Dekan der TF. (cb)
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