
Lampen fast aus Luft
Beim Gedanken an Laserlicht kommt einem vermutlich eher der intensive Strahl eines Laserpointers in den Sinn als eine gemütliche Wohnzimmerbeleuchtung. Doch genau daran forscht ein Projekt aus der Materialwissenschaft und der Anorganischen Chemie: Angenehmes Laserlicht.

Wird das ultraleichte Material »Aerobornitrid« mit einem Laser bestrahlt, leuchtet es gleichmäßig.
Seit einigen Jahren sind energiesparende Lampen mit Leuchtdioden (LEDs, von englisch »light-emitting diodes«) der neue Beleuchtungsstandard und haben konventionelle Glühbirnen verdrängt. Doch Forschung und Industrie haben bereits eine nächste Generation von Lichtquellen ausgemacht: Laserlampen. »Das Problem der aktuellen LEDs ist ihre Helligkeit«, sagt Dr. Fabian Schütt, der an hochporösen Nanomaterialien forscht. Für sehr helles Licht braucht es eine große Anzahl von LEDs und damit viel Platz. »Die gleiche Menge an Licht erhält man mit Laserdioden, die um ein Tausendstel kleiner sind«, ist der 31-Jährige überzeugt. Damit könnten Lampen für Autoscheinwerfer, Beamer oder Raumbeleuchtungen kleiner, leichter und gleichzeitig heller werden. Doch bislang ist für solche Anwendungen der intensive, monochromatische (einfarbige) Lichtstrahl der Laser ein Problem. Auf Oberflächen führt er zu einem Flackern und wird in der Regel als unangenehm empfunden.
Schütts Lösungsansatz heißt »Aerobornitrid«: Im Rahmen von »Graphene Flagship«, einer der größten Forschungsinitiativen der Europäischen Union, entwickelte er dieses extrem poröse Material, das fast nur aus Luft besteht und damit zu den leichtesten Stoffen der Welt gehört. Aufgebaut ist es aus einem filigranen Netz unzähliger Hohlröhren mit einem Durchmesser von etwa 100 bis 3.000 Nanometern. Trifft ein Laserstrahl auf diese fein verzweigte Struktur, wird er dort so stark gestreut, dass eine gleichmäßig leuchtende Lichtquelle entsteht. »Unser Material funktioniert quasi wie künstlicher Nebel«, erklärt Schütt. In der besonderen Nanostruktur lassen sich verschiedene Wellenlängen – rotes, blaues oder grünes Licht – streuen und so weißes Licht und weitere Farben mischen.
Nachdem Schütt seinen Ansatz in einer renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht hatte und Fachmagazine darüber berichteten, trafen zahlreiche Anfragen aus der Industrie bei ihm ein. Doch noch gibt es Optimierungsbedarf. »Die Effizienz des grünen Laserlichts reicht noch nicht an die von blauem oder rotem heran«, so der Materialwissenschaftler.
Unser Material funktioniert quasi wie künstlicher Nebel.
Hilfe erhofft er sich von der Chemieingenieurin Huayna Terraschke, Juniorprofessorin für Photoaktive Anorganische Nanomaterialien. Beide sind Mitglieder des Forschungsschwerpunkts Kiel Nano, Surface and Interface Science (KiNSIS) an der CAU. Bei einem großen Workshop erkannten sie Schnittpunkte zwischen ihrer Arbeit. Terraschke und ihre Arbeitsgruppe sind darauf spezialisiert, chemische Reaktionen »live« zu beobachten und zu kontrollieren. Die Erkenntnisse helfen ihnen dabei, photoaktive Nanomaterialien zu entwickeln. »Diese Materialien reagieren auf Licht oder wandeln ihre Farbe um und können beispielsweise für Sensoren, Solarzellen oder Leuchtdioden genutzt werden«, so die 35-Jährige. Für das Projekt mit Schütt stellt sie Leuchtstoffe her, mit denen sich zum Beispiel blaues in grünes Licht umwandeln lässt. Grünes Laserlicht kann also »auf Umwegen« künstlich hergestellt und dabei gezielt optimiert werden. »Meine Arbeit ist eigentlich sehr spezifische Grundlagenforschung. Es ist spannend, durch so ein fachübergreifendes Projekt auch Lösungen für konkrete Anwendungen mit zu entwickeln«, beschreibt Terraschke die Zusammenarbeit.
Mit ihrem gemeinsamen Projekt bewarb sich Schütt erfolgreich bei einem KiNSIS-Förderprogramm für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mit diesen finanziellen Mitteln stellten sie eine studentische Hilfskraft für die chemische Arbeit im Labor ein. »Die Förderung gibt uns die Möglichkeit, neue Wege auszuprobieren, die wir sonst vielleicht nicht verfolgt hätten«, sagt Schütt. Denn ob der Plan, das Konzept durch Terraschkes Leuchtstoffe zu verbessern, wirklich klappt, können sie noch nicht abschließend sagen. Auch das gehört zur Wissenschaft: das Risiko, dass ein völlig neuer Ansatz nicht funktioniert. Doch sind die Ergebnisse vielversprechend, könnte das der Anfang eines nächsten, noch größeren Forschungsprojektes sein.
Autorin: Julia Siekmann
Nachwuchsförderung in der Nanoforschung
Mit seinem zum Sommersemester gestarteten Förderprogramm will der CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Nano, Surface and Interface Science (KiNSIS) junge Forschende aus den Kieler Nanowissenschaften und der Oberflächenforschung am Beginn ihrer Karriere unterstützen. Gefördert werden jedes Jahr mehrere vielversprechende interdisziplinäre oder unkonventionelle Projekte sowie Forschungsaufenthalte. Zusätzlich werden die besten Dissertationen des Jahres ausgezeichnet. (jus)
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