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Vielfalt braucht Forschung

Alle Menschen sollen die gleichen Chancen beim Zugang zu Wissen und Bildung haben. Für den Weg zu diesem Ziel liefert der Arbeits­bereich Gender & Diversity Studies wissenschaftliche Grundlagen und praktische Impulse.

Eine Hochschule für alle setzt einen tiefgreifenden Wandel der Universität voraus. Dazu bedarf es neben guten Willens und der Bereitschaft zu Diskussion und Austausch auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. »Die Forschungsperspektive kann die Praxis zum Beispiel dabei unterstützen, konkrete Problemstellen zu lokalisieren und auch die Strukturen und Prozesse der Hochschule kritisch zu evaluieren«, sagt Professorin Uta Klein. Die Leiterin des Arbeitsbereichs Gender & Diversity Studies an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel steht für diese Kopplung zwischen Forschung und Lehre auf der einen und praktischer Hochschulpolitik auf der anderen Seite.

An der Kieler Universität hat die Expertin für Diversitäts- und Genderforschung Pionierarbeit geleistet, etwa durch die Einwerbung und Begleitung des Projekts zur Umsetzung der UN-Behinderten­rechts­konvention, durch eine Erhebung unter Studierenden zu Diskriminierungserfahrungen oder durch die Buchreihe »Diversity und Hochschule«. Diese ist ein bundesweit einmaliges Forum für aktuelle Forschungs­ergebnisse zu Schließungsprozessen im Hochschulbereich sowie zu Maßnahmen und Strategien, diese abzubauen.

Wie die Universität auf eine zunehmende Vielfalt, Internationalisierung und auf Forderungen nach Anti­diskriminierung reagiert, welche Maßnahmen sie ergreift und welche Strukturen sie dafür aufbaut, sollte durch entsprechende Forschung flankiert werden. So hat zum Beispiel die Studierendenbefragung ergeben, dass die Kategorien Geschlecht, soziale Herkunft, Migrationshintergrund und Homosexualität mit einem hohen Grad an Diskriminierungserfahrungen einhergehen.

»Forschung ist wichtig, damit man eine Idee dafür bekommt, wo man überhaupt hinschauen muss, sonst sieht man die häufig subtilen Ausgrenzungen im Alltag nicht«, erklärt Dr. Daniela Heitzmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich. Außerdem wurde in der Befragung festgestellt, dass die diversen Beratungsangebote an der Universität etwa zu Gleichstellung, Familienfreundlichkeit oder Behinderung noch nicht ausreichend bekannt sind.

In Sachen Diversitätspolitik fällt auf, dass sich Länder wie die USA und Kanada schon sehr viel früher systematisch mit der Heterogenität von Studierenden und Beschäftigten auseinandergesetzt haben. Uta Klein forscht daher seit mehreren Jahren an kanadischen Universitäten zum dortigen Verständnis und zur Gestaltung von Diversitätspolitiken.

Das jüngste Projekt des Arbeitsbereichs leistet einen Beitrag zur Stärkung von Gender und Diversity in der Lehre. In den vergangenen zwei Jahren haben Studierende unter der Leitung von Uta Klein und Eddi Steinfeldt-Mehrtens, Promotionsstipendiat*in an der Philosophischen Fakultät, ein Kartenspiel zu den Standardwerken der Gender und Queer Studies erarbeitet, das ab Mai 2017 erhältlich sein wird.

Kerstin Nees

www.gendiv.uni-kiel.de

Begriffserklärungen

Der Begriff »Gender« bezeichnet in den Sozialwissenschaften die durch Gesellschaft und Kultur geprägten Geschlechtseigenschaften einer Person in Abgrenzung zu ihrem biologischen Geschlecht. Mit diesem Begriff kann eine Unterscheidung zwischen »sex« als biologischem und »gender« als sozial konstruiertem Geschlecht markiert werden. »Queer« kommt ebenfalls aus dem Englischen und bedeutet so viel wie schräg oder seltsam, hat dort also einen eher negativen Beigeschmack. In Deutschland haben sich vor allem homo- und bisexuelle Menschen den Begriff angeeignet und ihn positiv umgedeutet. Was der Begriff meint, ist nicht ganz klar. Häufig benutzen ihn auch Menschen, die sich nicht eindeutig in den Kategorien lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intersexuell wiederfinden. (ne)

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