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Sichere Energiespeicherung

Unterirdische Wärme- und Gasspeicher könnten bei der Energiewende eine große Bedeutung bekommen. Wie gut die Auswirkungen solcher Nutzungen auf das Grundwasser prognostizierbar sind, untersuchen Forschende der Uni Kiel auf dem CAU-Testfeld TestUM.

Schema eines Bodenblocks
© G. Hornbruch

Schema für den Wärmeeintragsversuch inklusive Extraktions- und Infiltrationsstelle, Grundwassermessstellen, Sensorik und Heizanlage

Den geologischen Untergrund als thermischen saisonalen Speicher nutzen, zum Beispiel zum bedarfsgesteuerten Heizen und Kühlen oberirdischer Infrastruktur: Das wird nach Einschätzung von Professor Andreas Dahmke und seiner Arbeitsgruppe am Institut für Geowissenschaften ein wesentlicher Baustein im Rahmen der Energiewende sein. Damit lassen sich Wärmedargebot und -bedarf in Einklang bringen und ein umwelt- und sozialverträgliches aktives Wärmemanagement insbesondere im urbanen Raum umsetzen. Aber es gibt bisher weltweit sehr wenige verfügbare Testfelder und belastbare Felddaten zu Umweltauswirkungen solcher Wärmespeicher. Sie sind notwendig, um zu bewerten, wie gut temperaturinduzierte Veränderungen zum Beispiel der Grundwasserchemie mit bestehenden Methoden vorhersagbar sind. Diese Wissenslücke sollen, parallel zu Reallaboren wie in Hamburg-Wilhelmsburg, Feldversuche auf einem Testfeld bei Wittstock in Brandenburg schließen. Die Uni Kiel startete hierfür zusammen mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig vor drei Jahren das Verbundprojekt TestUM-Aquifer und betreibt hierfür ein mehrere Hektar großes Testfeld. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft bis Ende Oktober 2020. Ein Nachfolgeprojekt auf dem Testfeld wurde gerade bewilligt, andere befinden sich in der Beantragung. Das Testfeld ist zudem in das Kieler Kompetenzzentrum »Geo-Energie« eingebunden, mit dem Ziel einer engen Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft.

»Wir untersuchen in verschiedenen Experimenten, was in oberflächennahen Grundwasserleiterschichten geophysikalisch, geochemisch, hydraulisch und mikrobiologisch passiert, zum Beispiel wenn wir dort Wärme im Hochtemperaturbereich bis 80 Grad Celsius eintragen oder wenn sich Gase wie Wasserstoff oder Methan, etwa in Folge von nicht bestimmungsgemäßem Betrieb untertägiger stofflicher Speicher, dort ausbreiten«, erklärt der Leiter des Testfelds Dr. Götz Hornbruch vom Institut für Geowissenschaften. Aus Laborversuchen zu Wärmeeinträgen seien unter anderem eine Freisetzung von Spurenelementen, Schwer- und Halbmetallen aus den Sedimenten sowie Veränderungen des Redoxmilieus bekannt. Denn die eingetragene Wärme stoße Prozesse an, die dazu führen, dass eigentlich festgelegte Komponenten zumindest zeitweise freigesetzt werden. Hornbruch: »Wir überprüfen im Geländeexperiment die Prozesse, die wir im Labor schon erkannt und zum Teil auch mit numerischen Ansätzen prognostiziert haben. Eine Frage ist, was findet unter realitätsnahen Bedingungen im Feld statt? Und wie gut sind unsere Monitoringmethoden und Prognosen auf der Basis von Laborversuchen? Allein mit den Laborversuchen lässt sich das nicht ausreichend klären.«

Für den Wärmeeintragsversuch wurde Grundwasser entnommen, auf circa 75 Grad Celsius erwärmt und mittels einer Bohrung in eine grundwasserführende Schicht eingebracht. Darum herum wird die Temperaturverteilung erfasst und regelmäßig Grundwasser entnommen und auf Veränderungen hin untersucht. Temperaturinduzierte Effekte sind nachweisbar, so Hornbruch, die Auswertung der Ergebnisse liegt aber noch nicht endgültig vor. Wie sich die Emissionen mit der Zeit oder bei zyklischem Eintrag von Wärme im Hochtemperaturbereich verändern und auch welche Umweltauswirkungen Vereisungen und Wiederauftauen wasserführender geologischer Schichten haben, soll in weiteren Versuchen erforscht werden.

Neben thermischen Speichern haben auch stoffliche Speicher zum Beispiel für Methan und Wasserstoff eine große Bedeutung bei der Energiewende. Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, da er emissionsfrei für Industrie und Verkehr genutzt werden kann. Vorausgesetzt, er wird unter Einsatz von erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind gewonnen. »Wir untersuchen, was passiert, wenn Wasserstoff oder Methan unbeabsichtigt in oberflächennahe Grundwasserleiterschichten eintreten, zum Beispiel bei einer Leckage, ob sich die Gasphase nach den numerischen Modellen ausbreitet und in welchem Maße auch hier die aus Laborexperimenten abgeleiteten Folgereaktionen für die Feldskala vorhergesagt werden können. Zur Simulation solcher Gaseinträge haben wir in circa 18 Metern Tiefe lokal und über wenige Tage Gas injiziert«, erklärt Hornbruch. »Für gasförmigen Wasserstoff hat das weltweit trotz der Dringlichkeit bei der Umsetzung in die Praxis bisher noch niemand im kontrollierten Feldversuch erforscht. Deshalb sind wir sehr froh, dass das BMBF in der Geo:N-Initiative und die CAU die Einrichtung eines Testfeldes für solche hochaktuellen Forschungsfragen ermöglicht haben«, ergänzt Professor Andreas Dahmke, der Leiter der Arbeitsgruppe Aquatische Geochemie und Hydrogeologie.

Autorin: Kerstin Nees

www.testum-aquifer.de/de

Forschung für die Energiewende

Das Forschungsprojekt TestUM-Aquifer (Testfeld zur Untersuchung und zum Monitoring durch die Nutzung des Untergrundes induzierter reaktiver Mehrphasentransportprozesse in oberflächennahen Aquiferen) ist im Wesentlichen finanziert durch das BMBF (FKZ 03G0875A), eingebunden in das Kompetenzzentrum Geo-Energie der CAU und erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig. »Wir streben mit dem Testfeld eine langfristige Nutzung und Etablierung in der nationalen Forschungslandschaft an – nicht nur für eigene Forschungsprojekte und die Lehre an der CAU, sondern auch für externe Einrichtungen und Wirtschaftskooperationen unter dem Stichwort Energiewendeforschung«, erklärt der Kieler Geowissenschaftler Dr. Götz Hornbruch. (ne)

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