
Forschen gegen den Welthunger
Yafei Guo kam aus China nach Kiel, um für eine umweltbewusstere Landwirtschaft zu forschen – und hat sich in den kühlen Norden verliebt. Ein Promotionsstipendium der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH verschafft ihm nun den nötigen Spielraum für sein ambitioniertes Dissertationsvorhaben.

EKSH-Promotionsstipendiat Yafei Guo forscht seit 2018 an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der CAU.
Wenn Yafei Guo mit dem Fahrrad an der Kieler Förde entlangradelt, genießt er die frische Ostseebrise. »Ich bin in Zentralchina geboren, dort ist es wahnsinnig heiß im Sommer, man schwitzt und die Klimaanlage läuft 24/7«, sagt der 26-Jährige lachend. Er stammt aus der chinesischen Provinz Henan, einer Region, in der die Temperaturen im Sommer weit über die 30-Grad-Marke klettern. Heimweh hat er trotzdem, gerade jetzt. Denn Reisen in seine Heimat China sind aktuell keine Option. Zuletzt hat er seine Familie im Sommer 2019 gesehen. Wöchentliche Videochats mit den Eltern sind für den Wahl-Kieler deshalb Pflicht. »Am liebsten samstags – wegen der Zeitverschiebung.«
Seinen Bachelor in Resource and Environmental Science (Ressourcen- und Umweltwissenschaften) hat Guo an der Henan University of Science and Technology, den Master in Environmental Science an der Chinese Academy of Sciences absolviert. Was ihn danach ausgerechnet nach Norddeutschland verschlagen hat: sein komplexes Forschungsfeld und der gute Ruf eines CAU-Wissenschaftlers. Doktorvater Karl H. Mühling, Professor für Pflanzenernährung, ist Experte auf dem Gebiet der Stickstoff-Dynamik in Böden und Kulturpflanzen. Bei ihm wollte Yafei Guo zu umweltbewussten Düngungsmethoden forschen. Sein Engagement hat ihm in diesem Sommer ein Promotionsstipendium der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) eingebracht. Die gemeinnützige Gesellschaft unterstützt wissenschaftlichen Nachwuchs in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz.
Seit September 2018 ist Guo Doktorand am Institut für Pflanzen- und Bodenkunde an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Kieler Uni. In seiner Forschung geht es um Nitrifikationshemmer, auch Nitrifikationsinhibitoren genannt. Pflanzen wandeln Stickstoff, der beispielsweise durch Düngung in den Boden gelangt, durch Oxidation zu Nitraten um. Guos Ziel ist es, diesen biochemischen Prozess so zu verzögern, dass der Nitratgehalt im Boden möglichst gering bleibt. Was zunächst abstrakt klingt, kann klare Antworten auf eine der größten Herausforderungen der Gegenwart geben. Die Nitrifikationshemmung verbessert die Nährstoffbilanz des Ackerbodens, macht die Erde also fruchtbarer und Ernten ertragreicher. Es gelangt weniger Nitrat in das Grundwasser, und auch die Freisetzung von Stickoxiden aus dem Boden in die Atmosphäre kann vermindert werden. »Wir können damit die Umweltverschmutzung und die globale Erwärmung reduzieren«, erklärt der Doktorand, der sichtlich stolz auf seine Forschung ist. Gerade hat er eine Laborphase abgeschlossen. Fast vier Monate lang hat er Experimente mit verschiedenen Verbindungen und Wirkmechanismen durchgeführt, Gas- und Erdproben entnommen. Jetzt folgt die mühselige Auswertung der Daten.
Ein bisschen ungewöhnlich ist es schon, dass der Sohn eines Polizisten und einer Grundschullehrerin aus der chinesischen Provinz sich für Düngemittel-Forschung im weit entfernten Schleswig-Holstein entschieden hat. Dahinter steckt allerdings eine gehörige Portion Idealismus. »In vielen anderen Ländern auf der Welt gibt es noch immer zu viele Menschen, die hungern – ich wollte einen Teil zur Lösung beitragen. Auch wenn er noch so klein ist«, sagt der Stipendiat. Und Deutschland sei ja ohnehin ein guter Ort für Nachwuchsforschende. Guo ist dankbar, dass sein Doktorvater ihn motiviert hat, sich um das einjährige Stipendium zu bemühen. Es bedeutet für ihn nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Vernetzung, Projekte und natürlich Renommee. Anderen Promovendinnen und Promovenden empfiehlt er deshalb, es einfach zu versuchen. »Wir müssen unsere Ergebnisse ja sowieso verschriftlichen, da ist der Antrag nur noch ein kleiner Schritt.«
Autorin: Anna-Kristina Pries
Das Promotionsstipendium der EKSH
Seit 2013 vergibt die gemeinnützige Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) Promotionsstipendien für maximal drei Jahre an Masterabsolventinnen und Masterabsolventen aus den Bereichen Energiewende und Klimaschutz an einer Hochschule in Schleswig-Holstein. Dissertationsvorhaben werden im ersten Jahr mit 1.400 Euro monatlich, im dritten Jahr mit bis zu 1.500 Euro gefördert. Zusätzlich wird ein jährlicher Einmalbetrag von bis zu 1.500 Euro für Sachmittel und Reisekosten gewährt. Workshops, gemeinsame Projekte und Veranstaltungen fördern die Vernetzung und den Austausch unter den Nachwuchsforschenden. Aktuell werden insgesamt zehn Dissertationsvorhaben unterstützt.
Pro Jahr gibt es ein bis zwei Bewerbungsrunden für neue Stipendien. Die Forschungsarbeit muss das Ziel unterstützen, energiebedingte Emissionen in den Bereichen Wärme, Strom und Mobilität zu verringern und soll einen Bezug zum Land Schleswig-Holstein haben. Förderfähig sind anwendungsorientierte, technisch ausgerichtete Arbeiten sowie ökonomisch-sozialwissenschaftliche Themen. Die Bewerbung erfolgt über ein zehnseitiges Exposé, die EKSH bietet hierfür auch eine Antragsberatung an. Über die Vergabe entscheidet die Geschäftsführung nach Empfehlung eines Gremiums aus drei Hochschullehrenden. (apr)
Weitere Informationen: www.eksh.org/projekte-foerderung/eksh-promotionsstipendium
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