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Nr. 34, 28.01.2006  voriger  Übersicht  weiter  REIHEN  SUCHE 

Ansichten aus dem All

Den Ozean im Ganzen von oben betrachten, nicht nur ein paar Punkte messen – das ist es, was die Faszination der Forschung mit Satellitendaten ausmacht. Professor William Emery ist ihr erlegen.


Vergleich der Oberflächentemperaturen der Labradorsee im März: rechts vom Satelliten gemessen und links aus dem Kieler Modell, in dem das Strömungsfeld mit Pfeilen hinterlegt ist. Weiß dargestellt sind Flächen, die zeitweise eisbedeckt waren und über die demzufolge keine aussagekräftigen Daten vorliegen. Grau ist das Festland. Foto: A. Funk

Der Meereswissenschaftler Emery ist Professor für Fernerkundung an der Universität von Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Er hat den Rocky Mountains für ein halbes Jahr den Rücken gekehrt und eine Gastprofessur für Physikalische Ozeanographie an der CAU angetreten.

Ein Ozeanograph in den Rocky Mountains – das klingt wie Schnee in der Sahara. Jedoch nur für Unkundige. »Wer glaubt, direkt am Meer sein zu müssen, um es zu erforschen, der irrt gewaltig. Man braucht in erster Linie drei Dinge: Geld, qualifizierte Arbeitskräfte und einen leistungsfähigen Computer. Das Meer selbst lenkt nur ab«, William Emery lächelt und lässt den Blick aus seinem Bürofenster im Leibniz-Institut für Meereswissenschaften am Kieler Westufer schweifen. Zurzeit profitieren die Kieler Kollegen von seinem Fachwissen auf dem Gebiet der Fernerkundung via Satellit.

Die Fernerkundung wird seit gut zwei Jahrzehnten auch in der Meeresforschung verstärkt eingesetzt. Mit dieser berührungslosen Messmethode können verschiedene physikalische Größen – wie Temperatur und Auslenkung der Meeresoberfläche – flächendeckend erfasst werden. Satelliten, ausgestattet mit opto-elektronischen Messinstrumenten und Mikrowellensensoren, scannen die Strahlung der Oberflächen in den Spektralbereichen des sichtbaren Lichts und des Infrarots sowie in bestimmten Mikrowellenfrequenzen. Entscheidender Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es Daten großräumig und flächendeckend erfasst und das über lange Zeiträume nach immer gleichen Kriterien. Die gemessenen Rohdaten, die eine Raumsonde an die Bodenstation funkt, werden von Experten wie William Emery in Bilder und Diagramme umgewandelt. Dahinter stecken hochkomplizierte Rechenmodelle.

Hier in Kiel unterstützt Emery den Sonderforschungsbereich 460, der die langfristigen Schwankungen der Meerwasserzirkulation im Nordatlantischen Ozean untersucht. Speziell geht es um die Labradorsee – einen Arm des Nordatlantiks zwischen der kanadischen Halbinsel Labrador und Grönland. »Die Labradorsee gehört zu den wenigen Gebieten im offenen Ozean, wo sich das Wasser im Winter an der Oberfläche so stark abkühlt, dass es schwerer wird als das darunter liegende Wasser und so in manchen Jahren bis zu 2000 Meter tief absinkt. Dieser Prozess ist Teil der globalen Umwälzbewegung im Ozean, die den globalen Wärmehaushalt maßgeblich beeinflusst«, erklärt Dr. Andreas Funk. Er vergleicht Emerys Satellitendaten mit den Strömungen und Temperaturen, die die Kieler Meereswissenschaftler mit verankerten und frei driftenden Bojen und auf jährlichen Schiffsexpeditionen vor Ort punktuell gemessen haben. Computersimulationen müssen sowohl die Satellitendaten als auch die Schiffsbeobachtungen abbilden können. »Wir wollen herausfinden, wie gut wir unseren Modellen vertrauen können.«

Man kann William Emery als einen Pionier der Fernerkundung via Satellit bezeichnen: Anfang der 80 er Jahre hatte er mit Kollegen in Vancouver seine eigene Satellitenempfangsstation aufgebaut, um die Daten anschließend mit selbst geschriebenen Programmen auszuwerten. Heute sind die Kontakte zu den wichtigen Datenbanken im Internet entscheidend, die er sich in seiner 30-jährigen Laufbahn aufgebaut hat Mit der US-Bundesbehörde für Luft- und Raumfahrt NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) arbeitet er an Projekten zusammen und auch mit der Kieler Universität ist der Amerikaner seit langem verbunden: Schon vor 20 Jahren war er für ein Jahr Gast der Christiana Albertina. (so)
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