Kiel-Marketing anno 1665
In den höchsten Tönen lobt Professor Caeso Gramm die neugegründete CAU und schwärmt von der Region und der Stadt Kiel. Seine lateinische Werbeschrift von 1665 wurde von Philologen der Uni Kiel jetzt erstmals übersetzt und mit einem umfangreichen Kommentar versehen.

Das Frontispiz des Parnassus von 1665 zeigt den »Musenberg« mit Christian Albrecht und den Musen als Verbildlichung der Fakultäten und Fächer.
Thorsten Burkard, Professor für Klassische Philologie und Dekan der Philosophischen Fakultät hat die Schrift gemeinsam mit Marvin Harms, Masterstudent der Lateinischen und Griechischen Philologie, herausgegeben. Dabei konnten sie in einem Seminar auch auf die engagierte Mitarbeit begeisterungsfähiger Studentinnen und Studenten zurückgreifen. Dank ihrer können jetzt auch Menschen ohne Lateinkenntnisse in dem 350 Jahre alten Werk schmökern. »Wir haben versucht, eine möglichst gut lesbare Übersetzung zu schreiben«, versichert Harms. Pünktlich zum 350. Jahrestag der Universitätsgründung wurde die kommentierte Edition nach einer vierjährigen, intensiven Arbeitsphase sowohl in deutscher als auch in lateinischer Sprache vom Wachholtz Verlag veröffentlicht.

Buchcover: Wachholtz Verlag
»Das war damals nicht unüblich. Ein anderer Gründungsprofessor hat mit 21 Jahren seinen Erstruf erhalten«, bestätigt Burkard. Nach acht Jahren als Professor und später auch Prorektor der Uni Kiel, stirbt Caeso Gramm 33-jährig an der Vitaminmangelkrankheit Skorbut. Laut Professor Burkard erwartet Leserinnen und Leser der Werbeschrift »ein faszinierendes Lob unserer Stadt und unseres Bundeslandes«. Wie hätten Studenten und Professoren vor 350 Jahren besser nach Kiel gelockt werden können als mit Sätzen wie diesem: »Wenn wir nämlich die besonders günstige Lage der Stadt, die vielfältigen Annehmlichkeiten, das lobenswerte Wesen ihrer Einwohner […] abwägen würden, dann erkennen wir, dass dies alles in einer […] günstigen Verbindung zum Vorteile der Gelehrten zusammenwirkt […].«
Rückblickend muss der Text nicht nur als Marketingstrategie, sondern auch als kluge Internationalisierungskampagne für die CAU gesehen werden, erklärt Burkard: »Damals wie heute gibt es den Kampf um die besten Köpfe. Latein war zu der Zeit die Gelehrtensprache, mit der gleichermaßen deutsche und ausländische Studierende angesprochen wurden.«
Caeso Gramm wählt keine bescheidenen Worte. Prächtig schildert er den Universitätsstandort und die Umgebung, schätzt neben dem Charakter auch das Aussehen von Bürgerinnen und Bürgern und beschäftigt sich ausführlich mit den regionalen Lebensmitteln. So gibt es ein fünfseitiges Verzeichnis einheimischer Fische, berichtet Burkard: »Dazu schreibt Gramm, wie schmackhaft die Fische bei welcher Zubereitungsart sind.«
Achtzig lateinische Seiten galt es in modernes Deutsch zu übertragen. Parallel zur Übersetzungsarbeit wurde für den Kommentar recherchiert. Harms erinnert sich: »Entsprechende Literatur zu finden, war nicht immer leicht und teilweise frustrierend.« Entschädigend waren dafür jene Momente, in denen es einen Durchbruch gab. Eine Lieblingspassage hat der 26-Jährige auch: »Mir gefällt besonders der Teil, wo Gramm einen Stadtrundgang beschreibt. Es ist spannend, sich über die Förde hinweg mitführen zu lassen.«
Raissa Nickel
Zum Weiterlesen: Thorsten Burkard, Marvin Harms (Hrsg.): Caeso Gramm. Chilonium. Novus Holsatiae Parnassus. Wachholtz Verlag, Kiel 2015
Weitere Infos zu Caeso Gramm wurden von den Studierenden gesammelt auf www.wikipedia.de.
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