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Nr. 86, 09.04.2016  voriger  Übersicht  weiter  REIHEN  SUCHE 

Gesund dank Soja und Grüntee?

Die Menschen in Japan haben mit durchschnittlich 84 Jahren die weltweit höchste Lebenserwartung und leiden weniger an Zivilisa­tionskrankheiten. Ob das auch mit der japanischen Ernährung zusammenhängt, untersuchen Forschende an der Uni Kiel.


Japanischer Grüntee vor der Ernte. Foto: Ruizo (License: CC BYSA 1.0/commons wikimedia)

Der moderne westliche Lebensstil mit seiner oft sehr energiereichen Ernährungsweise führt zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Stark fett und zuckerhaltige und einseitige Ernäh­rung ist mit dafür verantwortlich, dass sich im Laufe des vergangenen Jahrhunderts in den Industrienationen Zivilisationskrankheiten neu entwickelten oder verstärkten. Fettleibigkeit, Herz-Kreislau-fErkrankungen oder Diabetes lassen sich zum Beispiel oft direkt auf eine falsche Ernährung zurückführen. Auf der Suche nach gesünderen Alternativen schweift der Blick in den fernen Osten, speziell nach Japan. Die hohe Lebenserwartung der Japanerinnen und Japaner und ein vergleichsweise geringes Auftreten häufiger Zivilisationskrankheiten lassen vermuten, dass die dortigen Ernährungsgewohnheiten der Gesundheit grundsätzlich förderlich sein könnten.

Die Forschung interessiert sich daher unter anderem für spezielle Inhaltsstoffe von Pflanzen, sogenannte sekundäre sekundäre Pflanzenstoffe, und wie diese die Gesundheit und die Lebens­spanne beeinflussen können. Ein Forschungsteam der Abteilung Lebensmittelwissenschaft des Instituts für Humanernährung und Lebensmittelkunde (Leitung: Professor Gerald Rimbach) hat Inhaltsstoffe zweier in Japan besonders häufig verwendeter Lebensmittel untersucht: Grüntee und Soja. Dabei haben sich die Forschenden auf zwei darin enthaltene sekundäre Pflanzenstoffe konzentriert: Zum einen Catechine, die im Grüntee hoch konzentriert sind, weil zur Zubereitung unfermentierte Blätter verwendet werden. Zum anderen Isoflavone, deren wichtigste Quelle Sojaprodukte sind.

Die Ernährungswissenschaftlerinnen Dr. Anika Wagner und Dr. Stefanie Piegholdt verabreichten Fruchtfliegen der Art Drosophila melanogaster ein mit Catechinen angereichertes Nährmedium. Gegenüber den unbehandelten Tieren, deren mittlere Lebensspanne bei 50 bis 60 Tagen liegt, lebten sie durchschnittlich drei Tage länger. Auch die Versuche mit Isoflavonen bewirkten eine im Schnitt um zwei Tage verlängerte mittlere Lebensdauer. Beide Stoffe verbesserten zudem die Fitness der Tiere. Fruchtfliegen leben also dank der positiven Einflüsse der beiden bioaktiven Pflanzenstoffe länger und gesünder.

Die gesundheitsfördernde Wirkung der beiden sekundären Pflanzenstoffe beruht auf unter­schied­lichen Effekten, wissen die Forscherinnen: Ein spezielles Catechin im Grüntee hemmt zwei Enzyme, die für die Verdauung von Kohlenhydraten wichtig sind. Dadurch gelangt weniger Glu­cose in den Organismus. Dieser zuckersenkende Effekt nützt direkt der Gesundheit. Soja-Iso­flavone entfalten ihre positive Wirkung, indem sie den Energiestoffwechsel der Zellen beeinflussen und das Langlebigkeitsgen Sirtuin1 anschalten.

»Unsere jüngsten Forschungsergebnisse unterstreichen einen ganz wesentlichen Aspekt im Zusammenspiel von Ernährung und Gesundheit: Die Möglichkeit zur Einflussnahme liegt ganz klar in der Prävention, gesunde Ernährung kann Krankheiten vor allem vorbeugen. Wir kon­zentrieren uns daher zum großen Teil auf die molekularen Mechanismen, die diesen präventiven Effekten zugrunde liegen«, sagt Wagner, Expertin für molekulare Ernährung an der Uni Kiel.

Die experimentell gewonnenen Ergebnisse lassen sich noch nicht auf die Ernährung des Menschen übertragen. Tatsache ist: Die traditionelle japanische Ernährung ist dank des weit verbreiteten Konsums von Grüntee und Sojaprodukten besonders reich an Catechinen und Isoflavonen und die Lebenserwartung in Japan ist überdurchschnittlich hoch. Zahlreiche andere wissenschaftliche Arbeiten weisen ebenso auf die gesundheitsfördernden Effekte dieser Stoffe hin. Das Kieler Forschungsteam will nun in weiteren Studien untersuchen, ob sich seine Ergeb­nisse auch auf andere Organismen übertragen lassen. Dabei sollen bioaktive Lebens­mittel-Inhaltsstoffe, Lebensmittel und Ernährungsmuster identifiziert werden, die zur Förderung der Gesundheit und der Lebensspanne beitragen können.

Christian Urban
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