Blick ins Erbgut
Die DNA-Sequenzierung eröffnet die Möglichkeit, das Erbgut eines Menschen detailliert zu untersuchen. Diese Technik hat insbesondere der Biologie und der Medizin neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet.

Im Sequenzierlabor des Zentrums Molekulare Biowissenschaften der Uni Kiel stehen derzeit 14 (10 NGS, 4 Sanger) Sequenzierautomaten. An der Finanzierung der Geräte, die je nach Größe bis zu einer Million Euro kosten, war unter anderem der Exzellenzcluster Entzündungsforschung maßgeblich beteiligt. Foto: J. Haacks
»Die Ergebnisse der Sanger-Sequenzierung sind am genauesten. Das bedeutet, die Abfolge der Bausteine des Erbguts, der sogenannten Basen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt erfasst«, erklärt Dr. Britt-Sabina Petersen. Die Biologin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kieler Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) und leitet das Labor für die Sanger-Sequenzierung.
Beim Sequenzieren der nächsten Generation (next generation sequencing, NGS) hingegen geht es darum, große Mengen an Erbgut auf einmal zu entschlüsseln. Dabei entstehen erheblich mehr Messfehler als bei der SangerSequenzierung. Findet man beispielsweise mit dieser Methode Veränderungen im Erbgut, die von wissenschaftlichem Interesse sind, würde man diese mit der »Sanger-Methode« noch einmal validieren.
Für das NGS wird die DNA vor der Analyse in kleine Stücke zerteilt. Diese bestehen aus Abschnitten, die etwa 150 bis 350 Basen lang sind. Anschließend wird jeder Bereich des Genoms mehrfach sequenziert, wodurch Einzelfehler weniger ins Gewicht fallen. Nach der Analyse muss die DNA-Abfolge am Computer wieder korrekt zusammengesetzt werden. Dies ist ein sehr aufwändiger Prozess, der viel Rechenleistung erfordert und erheblich länger dauert als die Nachbearbeitung der Daten bei der Sanger-Sequenzierung. Bei der Sanger-Sequenzierung können deutlich längere DNA-Stücke gemessen werden, bis zu 1.000 fortlaufende Basenpaare. Dabei wird der gewünschte DNA-Bereich vor der Analyse mittels spezieller Enzyme vervielfältigt. Auf diese Weise wird nur der Bereich analysiert, der von Interesse ist.

Foto: Thinkstock
Das Prinzip der NGS-Sequenzierung erläutert Dr. Georg Hemmrich-Stanisak vom IKMB: »Bei der Genomsequenzierung wird die gesamte Erbinformation eines Menschen in einem Durchgang erfasst. Dabei werden alle Genomabschnitte gleichzeitig analysiert. Dafür bieten wir die vier Basen, aus denen die DNA aufgebaut ist, einzeln nacheinander an.« Bei jeder Anbindung einer Base entsteht ein Lichtsignal, welches mittels einer Kamera detektiert wird. Diesen Vorgang wiederholt man rund 150 Mal. Hemmrich-Stanisak: »So entstehen quasi für jede Base eines DNA-Abschnitts spezifische Lichtbilder. Diese legen wir in der richtigen Reihenfolge übereinander und rechnen mit computergestützten Methoden aus, wie die gesamte Abfolge der DNA-Bausteine in der Probe aussieht.«
Dr. Tebke Böschen
Genetischer Fingerabdruck
Insbesondere in der Kriminalistik wird diese Analyse angewendet. Dabei sind jene Erbgutabschnitte wichtig, die sich zwischen Menschen besonders stark unterscheiden. In der Analyse sind sie sehr einfach nachzuweisen. Die DNA wird aus Speichel, Blut oder Hautzellen extrahiert. Zwischen 8 und 15 DNA-Abschnitte werden für den genetischen Fingerabdruck verglichen, somit ist sichergestellt, dass dieser nur zu einem Individuum passt. (tb)
Genom
Das Genom des Menschen beinhaltet etwa 30.000 Gene. Die vollständige Analyse dauert etwa zwei Wochen. Dabei entsteht eine Datenmenge von rund 80 Gigabyte und Kosten von zirka 3.000 Euro. Das Referenzgenom, mit dem Messungen verglichen werden, hat um die drei Milliarden Basenpaare. Wenn man das Genom eines Menschen analysiert, findet man etwa drei Millionen Unterschiede zum Referenzgenom. Diese Unterschiede werden als genetische Varianten bezeichnet, von denen nur wenige für die Entstehung von Krankheiten eine Rolle spielen. Das Referenzgenom fasst die genetischen Daten zahlreicher Menschen weltweit zusammen. (tb)
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